Apschiet

Mein Freund Klaus

Meinen Freund Klaus hatte ich zuletzt bei einer Demonstration im Soninsaal des Michels gesehen.

Mit einer Stadtteilinitiative kämpften wir gerade dafür, dass nicht noch ein Verlagshaus in unser Viertel „Südliche Neustadt“, geklotzt wurde. Der Spiegelverlag wollte direkt an die Ludwig-Erhard-Straße ein großes Verlagsgebäude errichten lassen.

Hatte doch Henri Nannen mit seinem Verlag Gruner und Jahr vor noch nicht so langer Zeit ein riesiges Verlagshaus am Hafen bauen lassen. Ein großer Abenteuerspielplatz und sehr viele sehr alte Platanen mussten dem Haus weichen. Zurück blieb ein klitzekleiner Spielplatz über einer Tiefgarage mit Schaukel, Wippe, Rutsche und Karussell für Kleinkinder. Eine uralte Platane am Anfang meiner Straße fiel einem Glashaus als Eingang der Tiefgarage zum Opfer. Eines Morgens, als ich zur Arbeit ging, lag der Baum gefällt auf dem Weg, die Bank, die ihn rundherum schmückte, und auf der die Menschen unseres Viertels gerne verweilten, unter ihm begraben.

Sofort erklang das traurige Lied von Alexandra „ Mein Freund der Baum“ in mir.

Mit großer Unterstützung unseres Hauptpastors, der freie Blick von St. Pauli auf unseren  „Michel“ war nicht mehr gewährleistet,  erreichten wir das scheinbar Unmögliche.

Klaus war der Kopf unserer INI, und Herausgeber der Zeitschrift „ Apschiet“.

Er formulierte die Artikel auf Hochdeutsch, ich auf Plattdeutsch.

Wir hatten es in der INI so beschlossen, weil sehr viele Hafenarbeiter in unserem Viertel wohnten, die nur „ Platt“ snackten.

Klaus ärgerte sich darüber, dass er unsere Muttersprachen nicht verstand. Ich musste ihm den Text übersetzen, sonst wurde der Apschiet nicht gedruckt. 

Dann war mein Freund Klaus wieder für Jahre in Guatemala abgetaucht, um den Regenwald zu retten.

Ich hatte einen Schlüssel für seine Wohnung, und schickte ihm jede Woche per E-Mail die Post. 

Eines Tages kam er zurück nach Hamburg und seiner INI. Wir freuten uns auf ihn, und verabredeten uns im „ Tämers“ auf dem Großneumarkt.

Braungebrannt, ziemlich verwegen, betrat er das Weinlokal.

Mit großem Hallo umarmten wir uns. Klaus hatte viel zu erzählen.

Er setzte sich zu uns an den Tisch, und plötzlich klatschte er in die Hände.

Unser Gespräch verstummte.

Wir starrten ihn an.

„ Was glotzt ihr denn so!“

Er klatschte wieder in seine Hände.

Und noch einmal.

Der Inhaber des Tämers kam an unseren Tisch.

„ Haben Sie eben nach mir in die Hände geklatscht?“

„ Ja, in Guatemala-Stadt ist das so üblich!“

„ Wir sind hier aber nicht in Guatemala!, und Sie verlassen sofort mein Lokal!“

„ Kommt ihr?“, hier gibt es ja genug andere Lokale auf dem Großneumarkt!“, sagte er lachend zu uns.

Wir blieben sitzen.

Klaus verließ das Lokal.

Ich sah ihn nie wieder.

( © Monika Zelle  01.10.2024 )

Geheimnisträgerin

Geheimnisträgerin

Meine beste Freundin, wie sie immer behauptet, erzählt mir von einer Begebenheit in ihrer Familie, die sie mir eigentlich nicht erzählen darf, weil es ein absolutes Geheimnis sei. 

Ich musste ihr das Versprechen geben, es auf keinen Fall irgend jemandem zu erzählen. 

Nun würde ich es aber sehr gerne meinem Tagebuch anvertrauen, ich nenne es „ Mein liebes Grünes“, aber nicht einmal das wage ich.

Eine Geschichte darüber schreiben? Nein niemals, ich bin ja schließlich eine  Geheimnisträgerin, und dann noch die beste Freundin. Ich halte also Wort.

Eines Tages treffe ich eine Nachbarin.

Sie erzählt mir genau die Geschichte meiner Freundin, die diese zu einem so großen Geheimnis gemacht hat, und die ich auf keinen Fall jemandem weiter erzählen sollte.

Was soll ich davon halten?

Nun werde ich wohl doch eine Geschichte daraus machen, oder es meinem geliebten Tagebuch anvertrauen. 

Aber nein, ich habe ihr doch versprochen, das Geheimnis nicht weiter zu tragen.

Aber warum hat sie es dieser Nachbarin erzählt. 

Will sie mich vielleicht prüfen? Oder die Nachbarin, oder uns beide?

Ich würde niemals, niemals ein Geheimnis, dass mir jemand anvertraut, weitererzählen.

Ich stelle meine Freundin zur Rede.

Zuerst schaut sie mich irritiert an. Dann sagt sie, ich würde es wohl doch unbewusst weiter erzählt haben.

Ich bin empört. Ich, die ehrliche Haut, wie man mir nachsagt, soll das von mir wohlgehütete Geheimnis irgend jemand anderem erzählt haben? Niemals!

Jetzt sollte ich es aber doch niederschreiben, um meine geschundene Seele zu befreien.

Das hilft mir in meinem Leben ungemein, Erlebnisse, ob traurig oder lustig, in kleinen Geschichten niederzuschreiben. 

Aber ich kann doch nicht…. Wie soll ich jetzt meine Seele trösten, ob dieser Schmach.

Tagelang laufe ich durch die Straßen, und frage mich, warum meine Freundin von ihrer angeblich besten Freundin so etwas denkt. Ich komme nicht zur Ruhe, kann nicht mehr schlafen. Ich muss es niederschreiben!

Es muss ja niemand lesen. 

Aber was ist, wenn es jemand in meiner Geschichtensammlung findet.

Dann hätte ich sie doch verraten.

Aber warum, die Nachbarin weiß es doch auch. Es ist also kein Verrat!!!

Wahrscheinlich weiß es ohnehin die halbe Nachbarschaft.

Kann ich meiner Freundin noch vertrauen?

Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schlage mein Tagebuch auf, und schreibe:“

Sonntag 20. Juli 2014

„Mein liebes Grünes“

Vor ein paar Wochen…….

( © Monika Zelle 24.09.2024 )

Du mein stilles Tal oder das Kind in Dir muss Heimat finden

Das Kind in Dir muss Heimat finden…

Du mein stilles Tal…..

Der Brotbeutel hängt an der Pforte, damit der Bäckerwagen an unserem Grundstück anhält.

Ich weiß gar nicht mehr, warum meine Mutter die Fußmatten unserer Heidehütte vor die Tür warf. War es, weil sie sich vorher mit dem heißen Kaffeesatzpulver den Unterarm verbrannt hatte? Oder weil ihr Kronensohn so lange nicht mehr zu Besuch war?

Ihre Wut entlädt sich, als sie auf den Fußmatten herumtrampelt, um den Dreck daraus zu entfernen. Oder es kam auch der Teppichklopfer zum Einsatz. Wie oft tanzte der auf meinem Rücken.

Der Bienenstich von der Bäckersfrau bei einer Tasse guten Bohnenkaffee würde meine Mutter am Nachmittag besänftigen. 

Meine Onkel schufteten gerade an den Schweißgeräten der Rohre für die neue Schwengelpumpe.

Die dicken Frauen mussten sich später auf das dafür konstruierte Holzkreuz setzen, um die Rohre in die Erde zu rammen. 

Auch ein richtiges Wohnhaus errichteten sie mit ihrer Hände Arbeit für meine Tante Gertrud, der das Heideland gehörte, und die aus 50 Pfennig eine D Mark machen konnte, indem sie sich bei meiner Mutter Eier, Milch, oder sonstige Lebensmittel auslieh, die nie wieder zu uns zurückkehrten.

Meine Eltern hatten nur die kleine Holzhütte.

Ich war glücklich mit meinem Kletterbaum, oder wenn ich mich, im Zittergras liegend, in die sich im Wind wiegenden Wipfel der Kiefern träumte. 

Auch ich schaffte es mit meiner Familie nur zu einem kleinen Holzhäuschen, jedoch nicht auf eigenem Grund und Boden gebaut, immerhin mit fließendem Brunnenwasser und Strom.

Ich weiß gar nicht, warum die Kinder von Tante Gertrud meiner inzwischen 80jährigen Mutter nicht mehr beim Einkaufen helfen wollten. 

Von heute auf morgen zog meine Mutter in ihr Zuhause nach Hamburg.

Sie kehrte nie wieder auf ihr Heideland zurück.

Fern von Zittergras und Kletterbaum pflegte ich sie bis zu ihrem Tod.

Meinen geliebten Vater hatte sie 30 Jahre überlebt.

Als wir ihn das letzte Mal besuchten, sagte er zu meinem Bruder:

„ Denk an Deine Schwester!“

Damit meinte er das Heideland.

Nun stehe ich hier, selbst fast 80 Jahre alt, vor einer mit Kettenschlössern verrammelten und verrosteten Pforte, an der ich das Schild mit meinem Mädchennamen entdecke. „ Klein“, steht dort in großen Druckbuchstaben. Ich schaue von außen auf Kletterbaum und Zittergras, und denke an meinen Bruder.

Lebt er noch? Einmal hat er mich in seinem Porsche mit in den Freihafen genommen.

Eine Wahnsinnsfahrt. Der Porsche keine Familienkutsche, die er eigentlich gebraucht hätte.

Oder die Fahrt auf dem Sozius seiner NSU Prinz. Einmal um den Häuserblock in Hamburg.

Da wartete schon sein Freund Kalle Schnoor…

Seit mein Bruder unser Heideland verscherbelt hat, habe ich ihn weder gesehen, noch etwas von ihm und seiner Familie gehört.

Tief atme ich die würzige Waldluft ein, und wandere noch einmal auf den Katzenberg.

Am Horizont die goldgelben Weizenfelder von Wesel….

Ich rufe:“ Wer ist der Bürgermeister von Wesel! Esel! Hallt das Echo…

Auf der neuen Bank war nicht mehr das eingeritzte Herz mit den Buchstaben M+B zu sehen.

Die windschiefe Birke lädt zum Klettern ein, nichts zu machen….

Ich gehe hinunter zur Quelle, über die kleine Brücke, noch einmal mit den Füßen im Büsenbach waten. Das glasklare Wasser streichelt meine Füße.

Soll ich mir ein Stück Borke suchen, es zu einem Schiffchen schnitzen, mit einem Stock als Mast, und einem Blatt als Segel, und es in dem Bach noch einmal fahren lassen?

Ich wandere vorbei an der Heidschnuckenherde, die dafür sorgt, dass die Heide in jedem Jahr wieder blüht, dem Hütehund,der die Herde zusammenhält, und dem Schäfer, der ihn mit einem unüberhörbaren Pfiff zu sich befiehlt. Ich höre noch das Getrappel der Hufe, wenn die Schnucken an unserer Pforte vorbeilaufen,  und wir Kinder sie fröhlich begrüßen….

Im Winter entlässt die Quelle ihr überschüssiges Wasser ins Tal.

Ich höre unsere Kinderstimmen. Schreiend gleiten wir mit den Schlittschuhen über die schneebedeckten zugefrorenen Flächen. Wir sind glücklich. Gegenüber der Schafstall.

Drinnen die blökenden Schnucken in Erwartung des Frühjahrs und ihrer Lämmer….

Von Kindheitserinnerungen überwältigt, laufe ich durch mein stilles Büsenbachtal zu Bahnstation….

Ich denke an das Lied, das meine Mutter immer sang:


  • „1. Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus; 
    da zog ich manche Stunde ins Tal hinaus. 
    Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausend mal! 
    Da zog ich manche Stunde ins Tal hinaus.
  • 2. Müsst aus dem Tal ich scheiden, wo alles Lust und Klang;
    das wär mein herbstes Leiden, mein letzter Gang.
    Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
    Das wär mein herbstes Leiden, mein letzter Gang.
  • 3. Sterb ich – in Tales Grunde will ich begraben sein;
    singt mir zur letzten Stunde beim Abendschein:
    Dir, o stilles Tal, Gruß zum letzten Mal!
    Singt mir zur letzten Stunde beim Abendschein.“

Mir kommen die Tränen.

Mitleidig schauen die Fahrgäste im Triebwagen Richtung Buchholz mich an.

Kletterbäume und Zittergras fliegen vorbei…….

( © Monika Zelle  16.08.2024 )

Wie verhext

Wie verhext….

Ich bin wie verhext

Oder ist es ein Komplex

Meine Gedanken schwanken und rasen

In vergangene Lebensphasen

Tanzen bis zur Raserei

Alles war mir einerlei

Heiße Nächte an kalten Tagen

Fragen über Fragen

Genießen bis zur Bewusstlosigkeit

Zu allen Schandtaten bereit

Doch dann war damit plötzlich Schluss

Vorbei wars mit der Lebenslust

Ehe Kinder Arbeit

Für die Liebe wenig Zeit

So ging das viele Jahre

Von der Ehe bis zur Bahre

Und jetzt….

Ich fühle mich verletzt

Was hat das Alter noch für mich bereit

In dieser fliehenden Lebenszeit

Die Jahre flogen nur so dahin

Ich bin….

Wo werde ich sein….

Komme ich in den Himmel hinein?

Oder werde ich in der Hölle schmoren?

Werde ich wiedergeboren?

Oder bin ich verloren?

Noch einmal verhext sein

Wie von Sinnen

Wo es gibt kein Entrinnen

Tanzen bis zur Ekstase

In dieser endlichen Lebensphase….

( © Monika Zelle 17.07.2024 )

Ich wollte doch…

Ich wollte doch…..

Ja, ich wollte doch, was wollte ich doch alles bei Eintritt in meinen Unruhestand.

Endlich mit dem Wohnmobil monatelang unterwegs sein.

Städtereisen.

Zu allererst nach St. Petersburg, dann Istanbul, Madrid, Barcelona, Lissabon,

Stockholm, Rom und  Weitere Städte sollten folgen.

London, in London war ich auch noch nicht, obwohl ich bei einer englischen Bank eine Lehre gemacht habe.

Aber Pustekuchen, nichts, aber auch gar nichts ist daraus geworden.

Es war aber abzusehen.

Seit der Wende und der Umstellung auf den Teuro ist mein Rentenanspruch jedes Jahr gesunken. Herr Kohl hat seinerzeit den Rentenstamm an die neuen Länder verschenkt.

Bei der Euroumstellung war das Geld plötzlich nur noch die Hälfte wert, und alles wurde um das Doppelte teurer. 

Aber Deutschland geht es gut….. Ich musste mir immer die Augen reiben, wenn ich die Mittelung von der BFA bekam….

Zugegeben, irgendwie habe ich es immer gewusst, dass mir am Ende nicht viel bleibt,

aber glauben wollte und konnte ich es nicht.

Zudem habe ich zeitlebens Teilzeit gearbeitet, damit meine Kinder nicht in den viel zu vollen Kitas mit viel zu wenig Personal versauern. Außerdem wollte ich meine Kinder selbst sozialisieren, und mit ihnen Zeit verbringen, wozu habe ich sonst Kinder?

Meine demente Mutter habe ich 10 Jahre gepflegt, damit sie nicht in einem der einfachen Pflegeheime dahinvegetieren muss. 

Als Dank gab es von der Pflegeversicherung 10 Euro Rente im Monat. Juhu…

Also aus der Traum mit Städte- und monatelangen Bullireisen.

Spazieren gehen, oder auf der Parkbank sitzen ist angesagt.

Die Politiker*Innen und die Vorstandsvorsitzenden in den Aufsichtsräten stopfen sich die Taschen voll, das Volk wird immer ärmer. 

Altersarmut ist das Stichwort. 

Die Schere zwischen Arm und Reich macht inzwischen Spagat.

So hätte ich mir das Leben im Alter niemals vorstellen können.

Die fortschreitende schleichende Inflation tut ihr Übriges.

Heute habe ich in der Monatsmitte kein Geld mehr für Lebensmittel.

Die Energiekosten fressen mich auf.

Vor dem Russlandangriff auf die Ukraine habe ich jedes Jahr so ca. 500 Euro Energiekosten erstattet bekommen. Plötzlich waren es 900 Euro, die ich nachbezahlen sollte.

Aber wie. Meine Miete betrug vor dem Angriff 590 Euro, jetzt zahle ich 810 Euro, eine Rate für die Heizungskosten plus Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser.

Wo soll das noch hinführen. Ich weiß es nicht. 

Das Volk ist unzufrieden. Immer mehr Menschen wenden sich dem rechten Lager zu.

Ist ja kein Wunder. Die Menschen denken, mit der AFD und ihren unlauteren Versprechen wird alles besser.

Adolf Hitler hat den Menschen auch damals das Blaue vom Himmel versprochen.

Als er gewählt wurde, hat er sofort alle anderen demokratischen Parteien und die Gewerkschaften verboten.

Die Menschen damals hätten nur mal sein unsägliches Buch „ Mein Kampf“ lesen sollen,

dann hätten sie gewusst, was dieser Despot alles vorhat.

Und die Sozialdemokraten heute machen wieder den gleichen Fehler wie damals.

Sie zieren sich wie die Mücke vorm Schiss, mit den Linken zu koalieren.

Die Grünen genauso. Stattdessen koalieren sie mit Herrn Lindner, der ihnen wirklich jeden Stein in den Weg legt, den er finden kann, wenn es um Geld für Bedürftige geht.

Eine Umverteilung des Kapitals ist dringend erforderlich.

Oder die Reichensteuer.

Warum zahlen Staatsbedienstete nicht längst in die Rentenkassen ein, um den Rentenstamm zu stärken.

Da wird lieber rumgejammert, dass 2 junge Menschen für einen Rentner aufkommen müssen. Ja, die jungen Leute heutzutage tun mir leid.

Sie schließen Zusatzversicherungen für ihre spätere Rente ab, und am Ende kommt nichts dabei rum.

Wo soll das alles nur hinführen.

Jetzt bin ich mittlerweile 13 Jahre im Unruhestand, und habe noch nicht einmal das Einkommen, das ich zuletzt verdient habe. Und die schönsten Städte der Welt kann ich mir abschminken.

Das Beste zum Schluss.

Wenn mein lieber Bruder nicht einfach unser Grundstück in der Lüneburger Heide verscherbelt hätte, könnte ich wenigstens dort meine Sommer in meinem Heidehäuschen verbringen.

Wieder Pustekuchen…

Na ja, so gehe ich halt spazieren, oder setzte mich auf die Parkbank.

Das Einzige, was ich mir gönne, ist meine Schreibwerkstatt.

Hier kann ich lieben Schreiberlingen meine Geschichten vorjammern.

Ach ja, da war doch noch was….

Corona….

Corona hat mir dann sozusagen den Rest gegeben.

Mein Mann ist zudem während dieser einsamen Zeit schwer erkrankt, und verbringt seine kostbare Zeit zunehmend auf dem Sofa.

Das Schlimmste allerdings war für mich, dass ich meine Kinder und mein Enkelkind nicht mehr sehen durfte. Na ja, es gab ja Skype.

Ein Glück.

So konnten wir auch unsere Schreibwerkstatt weiter machen.

Hier noch ein Spruch von Philipp Simon aus den Mitternachtsspitzen.

„ Genießen Sie den Klimawandel“.

Kennt ihr nicht? Philipp Simon?

Er ist mein Held…..

Oder Christoph Sieber, auch von den Mitternachtsspitzen, der immer fordert:

„ Weitermachen, weitermachen“……

Ach, ich wollte doch…….

Zugegeben, ich kaufe teure Lebensmittel.

Du bist was Du isst!

Ach ja, und da sind ja noch meine Bücher, meine Rettungsanker.

Mein Vater sagte immer, Räume ohne Bücher haben keine Seele.

Weitermachen, weitermachen…..

( © Monika Zelle 26.06.2024)

Zwischen zwei Stühlen

Zwischen zwei Stühlen

Zwischen zwei Stühlen

Im Spiel mit meinen Gefühlen

Sie fahren mit mir Achterbahn

In meinem Liebeswahn

Ich muss mich entscheiden

Lügen vermeiden

Ich die ehrliche Haut

Meine Zukunft auf Sand gebaut?

Will niemanden hintergehn

Immer zu ihm stehn

Doch kann ich ihn noch lieben?

Sind meine Gefühle für ihn aufgerieben?

Will ich auf meine letzten Tage noch was erleben?

Mich mit Fantasien verweben?

Tanzen lieben lachen?

Verrückte Dinge machen?

Angst vor meiner eigenen Courage?

Ist alles nur Staffage?

Brauche ich nur ein wenig Mut?

Dann wird alles wieder gut?

Fragen über Fragen

Soll ich es wirklich wagen

Eine neue Liebe einzugehn?

Wäre das nicht wunderschön?

Ich sitze zwischen zwei Stühlen

Im Spiel mit meinen Gefühlen.

( © Monika Zelle 11.06.2024 )

Höhenflüge

Höhenflüge 1

Rasende Züge

Höher schneller weiter

Auf der Himmelsleiter

Geld regiert die Welt

Nur Handel und Wandel zählt

Der Mensch hat keinen Stellenwert

Nur von der Substanz er zehrt

Die Politik in ihrem Schneckenhaus

Sitzt die Probleme einfach aus

Die Rechte Gefahr kommt so zum Zug

Macht fast einen Höhenflug

Bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen

Wie schnell soll die Partei noch wachsen

Ich denke an die Nazizeit

Sehe Verbrechen weit und breit

So fing auch 1933 alles an

Dann der Untergang mit Kind, Frau und Mann

Menschen-und Bücherverbrennungen weit und breit

In dieser angeblichen Höhenflugzeit

Hört nicht auf die rechten Parolen mit ihren Zwängen

Wehret den Anfängen……

( © Monika Zelle  03.09.2024 )

Heimlichkeiten

Heimlichkeiten

Die mich mein Leben lang begleiten

Mir oft Stress bereiten

Wenn ich mich in Widersprüche verstricke

Verliere meine Überblicke

Doch liebe ich auch meine Heimlichkeiten

Sie führen mich in unendliche Weiten

Meiner Fantasie

Missen möchte ich sie nie

Ich lebe mit ihnen in einer anderen oder meiner eigenen Welt

Was dann nur zählt ist am Ball bleiben

Sich nicht lassen vertreiben

Oder zur Wahrheit zwingen

Wird es mir auf ewig gelingen

Meine Heimlichkeiten zu schützen

Manchmal komme ich ganz schön ins Schwitzen

Wenn jemand mir kommt auf die Schliche

Aber ich Glückliche

Komme wieder in die Spur

Mit meiner Heimlichkeitentour

Heimlichkeiten kleine Fluchten

Von Bedrängten und Gesuchten

Oder sinds am Ende Lügen?

Um sich selbst und andere zu betrügen?

Vielleicht auch eine Schuld begleichen

Oder Verbotenes zu erreichen?

Heimlichkeiten um eine Flucht vorzubereiten

Um sein Leben in der Fremde zu bestreiten…

Heimlichkeiten haben wohl viele Facetten

Sich aus einer Not zu retten….

(© Monika Zelle 20.08.2024)

Mein Sehnsuchtsort

Mein Sehnsuchtsort

Immer wenn ich meinen Bücherschrank öffne, auf der Suche nach einem bestimmten Buch, segeln mir einige Ansichtskarten entgegen. 

Ich hebe eine auf, und betrachte sie eingehend. Ich weiß natürlich sofort wo sich dieses mittelalterliche Dorf im Süden Frankreichs befindet, und wie es heißt.

Saint Guilhem le Desert.

Ein verwunschener Ort des Gorges de L`Herault im Department Languedoc der Region Okzitanien, in den Cevennen. Ein Ort „ Plus beaux Villages de France…UNESCO Weltnaturerbe.

Ich entdeckte ihn, als ich nach einem erfrischenden Bad in dem glasklaren Wasser des L`Herault die Gegend erkundete.

Es war wie im Märchen, als ich durch die Gassen dieses Ortes lief.

An jeder Ecke ein kleiner Handwerksbetrieb, meistens Töpfereien, mit Menschen, schon ziemlich betagt, oft bärtig oder langhaarig, aber auch Jüngere, und natürlich Frauen, die geschäftig ihrer Arbeit nachgingen.  

Überall Gemüse oder Blumengärten, in denen fleißig geackert wurde.

Der Duft von Thymian, Majoran Basilikum und Myrte aus den Kräutergärten wehte mir entgegen. Lavendelbüsche und Mimosen entführten meine Sinne in die wunderbare Welt der Düfte.

An den Hängen Weinreben, die sich von der Schwere der Trauben zu Boden neigten.

Ich verliebte mich über beide Ohren.

Hier wollte ich meinen Lebensabend verbringen. 

Unbedingt. 

Autonom leben.

Mit einem Garten, wo ich mein Gemüse anbaue, und einer Ziege, die mir Milch gibt.

Als Selbstversorgerin sozusagen. 

Hier erstand ich auch die Ansichtskarte, die ich nun in meinen Händen halte.

Doch was ist aus diesem Vorhaben, oder besser gesagt, aus diesem Traum geworden.

Nichts. 

Wie eine Seifenblase zerplatzt.

Nun bin ich alt. 

Ängste quälen mich. 

Was ist, wenn ich dort krank werde. Wer wird mich pflegen. Werde ich Freunde finden. 

Lerne ich die Sprache noch auf meine alten Tage.

Obwohl.

Mein Sohn hat seit einiger Zeit eine neue Freundin. 

Anaïs. 

Sie ist Französin. 

Ich habe sie sofort in mein Herz geschlossen. 

Sie ist eine große Bereicherung in meinem Leben. 

Zugänglich, empathisch und sehr sehr lieb. 

Es gibt wenige Menschen, von denen ich soviel Zuneigung erfahre. 

Und….

Ich lerne Französisch. Mit Duolingo.

Damit ich mich in ihrer großen Familie verständigen kann, wenn ich sie an Weihnachten besuche.

Immer noch quält mich die Sehnsucht nach Saint Guilhem les Desert.

Das hört niemals auf.

Werde ich dieses Dorf irgendwann noch einmal wiedersehen?

Oder es wagen, tatsächlich dorthin zu ziehen?

Jetzt stehen die Chancen gut.

Mein Sehnsuchtsort.

Ich komme…..

( © Monika Zelle 09.08.2024 )

Katinka

Katinka

Ich werde ewig leben, mit meinem dicken Panzer, in den ich mich zurückziehen kann, wenn Gefahr mir droht. Nicht so sensibel wie als Erdenmensch.

Immer traurig. Immer ängstlich.

Zärtliche Hände setzen mich in lauwarmes Wasser, damit ich mein Geschäft machen kann.

Es gibt mein Lieblingsessen.

Pflaumen und Weintrauben.

Meistens gibt’s Salat.

Endlich Veganerin.

Ich bin selig in meinem Einsiedlerleben.

Was ist das?

Jemand setzt mich in einen Korb.

Mit ein paar Salatblättern.

Plötzlich bin ich in einem Auto. Ein Mann sitzt am Steuer. Eine Frau neben ihm.

Ist es die Frau mit den zärtlichen Händen?

Manchmal stuppst sie mich mit einem Schuh an.

Ich fühle mich bedroht und fauche…

Was passiert jetzt?

Will man mich aussetzen?

Nach einer Ewigkeit stellt der Mann den Motor ab, und steigt aus.

Die Frau nimmt den Korb.

Ich rieche Wald und Heide, wo bin ich?

Der Mann hat einen Spaten. Will er mich erschlagen? Vielleicht Zerhacken?

Das ist bestimmt nicht einfach.

Nein. Jetzt sticht er eine kleine Fläche ab. Baut ein Drahtgeflecht drumherum.

Ist das für mich?

Die zärtlichen Hände setzen mich auf weiches Moos und Torf.

Ach ist das schön, und die frische Luft!

Die Sonne scheint warm auf meinen Panzer. 

Herrlich.

Jetzt gehen die beiden ins Haus. Emsig laufen sie hin und her.

Schleppen Decken und Kissen heraus.

Ich wühle mich ins Erdreich.

So, wie ich es im Winter mache, wenn ich Winterschlaf halte.

Den ganzen Winter schlafen. Wie herrlich. Niemand stört.

Nur manchmal kommt eine Gießkanne, und befeuchtet den Torf.

Was ist das?

Kein Drahtgeflecht mehr.

Ich wühle weiter.

Komme nach oben.

Setze mich langsam in Bewegung.

Ich kann laufen. Unendlich laufen. 

Wo führt mein Weg mich hin.

Eine Bickbeere fällt auf meine Nase.

Sie schmeckt noch besser als Pflaumen und Weintrauben.

Mein Weg in die Wärme ist weit.

Doch ich werde es schaffen.

Langsam aber sicher.

Bin ich frei?

Ja, ich bin frei.

(© Monika ( Zelle 23.04.2024)