Auf zu anderen Ufern
Du bist gegangen Manni, von mir, einfach so, hast Du mich verlassen.
Ich vermisse Dich, Deine warme sanfte Stimme.
Deine klugen Worte.
Mit Dir konnte ich zusammen lachen, weinen, nächtelang diskutieren ohne zu streiten.
Du bist weg, und ich bin da, immer noch.
Hier sitze ich nun in unserem kleinen Cafe, wo wir uns heimlich trafen. Hier kannte uns niemand.
Ich sehe Dich noch auf dem Barhocker sitzen, als ich mit meinen Mädels, schon etwas angetrunken in die Monicabar einfiel, die keine richtige Bar war.
Laut lachend und schreiend setzten wir uns auf die Hocker, und bestellten Martini on the Rocks.
Lächelnd hast Du da gesessen, und musstest Dir unsere billigen Witzchen über Männer anhören.
Du, ein kleiner zierlicher Mann, nicht viel größer als ich, mit rötlichen Haaren, großen grünen Augen, und diesem Charme, dem ich einfach erliegen musste.
Der Barkeeper bekam nervöse Zuckungen, als er merkte, dass sich zwischen uns etwas anbahnte.
Ständig versuchte er, Dich in ein Gespräch zu verwickeln, um Dich von mir abzulenken.
Doch wir beide sahen nur uns.
Meine Mädels verabschiedeten sich später, um ihren Zug durch die Gemeinde fort zu setzen.
Ich ging mit Dir.
Deine kleine Wohnung, so charmant, wie Du selbst.
Wir küssten uns stürmisch, wollten uns lieben, doch es funktionierte nicht.
Ich schob es auf den Alkohol.
Du aber schafftest es auf Deine geduldige, zärtliche Art, mich glücklich zu machen.
Ich liebte Dich so.
Du mich auf Deine Art.
Ich weiß nicht, wie viele Male wir noch in dieser besagten Bar gewesen sind, bis ich merkte, dass es keine normale Bar war.
Doch mir gefiel die Atmosphäre dort, die netten verständnisvollen Männer. Frauenversteher eben.
Bis auf den Barkeeper, der mich am liebsten mit seinen Blicken getötet hätte.
Und dann Du, mein lieber Manni, mit dem ich mich so gut verstand, und der es immer wieder schaffte, mich mit seinen klugen Worten und seinen Zärtlichkeiten in seinen Bann zu ziehen.
Als wir merkten, dass der Barkeeper in seiner Eifersucht ertrank, trafen wir uns nicht mehr in der Monikabar, sondern eben in dem schon erwähnten kleinen Cafe, wo uns niemand kannte.
Auch wenn Du mich nicht richtig lieben konntest, wie eben ein Mann eine Frau liebt, ich vermisste nichts von diesem ungestümen übereinander herfallen, ich liebte Deine Art, mich glücklich zu machen.
Und dann warst Du plötzlich fort, einfach so, ohne mir vorher ein Sterbenswörtchen zu sagen.
Konntest Du ja auch nicht.
Eines Tages standen zwei Polizeibeamtinnen bei mir vor der Tür, mit einer Seelsorgerin.
Der Barkeeper hatte Dir im Hinterhof der Monicabar aufgelauert, und Dir auf bestialische Weise Dein Leben genommen.
Das hattest Du nicht verdient. Mein Manni.
Nun sitze ich hier in unserem Cafe, Tränen rinnen über mein Gesicht, und die nette Bedienung schafft es nicht, mich zu trösten.
( © Monika Zelle 12.05.2020 )