Der Weg ist das Ziel

Der Weg ist das Ziel

Sie setzt einen Fuß vor den anderen. Neben ihr ihre Freundin Bärbel. Wie waren sie nur auf diese Wahnsinnsidee gekommen, den Jacobsweg von St. Jean,  in Frankreich beginnend, nach Santiago de Compostela zu laufen, und das im Hochsommer.

Die Sonne brennt, keine Wolke in Sicht. Vollkommen verschwitzt gönnen sie sich eine Pause am Fluss Arga, der sich gemächlich durch die Landschaft schlängelt. Sie entledigt sich ihrer Kleidung, und nimmt ein erfrischendes Bad.

Die Freundin badet nur mit den Füßen. Die Blasen schmerzen, müssen verarztet werden.

Die Familie ist schon längst mit dem Flieger in La Coruna gelandet, und verbringt dort herrliche Tage am Meer. Der Flug war ein Sonderangebot, einschließlich Mietwagen und Ferienhaus. Hoffentlich sagt es ihnen zu, und ist für die zehnköpfige Familie und die beiden Hunde geräumig genug. Der Garten schien auch groß genug zu sein auf dem Foto.

Ein bisschen neidisch war sie schon, jetzt nicht bei der Familie zu sein, ihre Freundin auch.

Sie hätten eine begleitete Reise machen können, wo das Gepäck in einem Auto gefahren wird, und wenn eine Person schwächelt, in dem Auto ein Stück mitfahren kann….

Aber das wollte sie und ihre Freundin auf keinen Fall.

Frei und unabhängig sein um jeden Preis, trotz ihres relativ hohen Alters.

Ihrer Seele die Gelegenheit geben, sich von den vielen Strapazen, und gesundheitlichen Beeinträchtigungen der letzten Jahre, zu erholen.

Sie baumeln lassen…

Die beiden Frauen nehmen frisch gestärkt durch das kühle Bad, und etliche Pflaster an den Füßen ihren beschwerlichen Weg wieder auf. Wie heißt es so schön?

Wer A sagt, muss auch B sagen…..

Weiter geht’s, ein Schritt vor den anderen.

Sie übernachtet nicht in einer der überfüllten Herbergen.

Sie hatte für sich und Bärbel günstige Pensionen in den Dörfern nahe des Jakobsweges für jeweils eine Übernachtung gebucht. 

Die Idee war den beiden auf ihrem Klassentreffen gekommen, das jedes Jahr am 2. Dienstag im April stattfindet. War es eine Schnapsidee? Man wird sehen!

Ihr Lehrer, 95 Jahre alt, war mit seiner Frau, 89 Jahre alt, auch immer noch dabei.

Sie bereisen oft Norwegen, um ihre Kinder hoch oben im Norden des Landes zu besuchen. Er fand die Idee der beiden Frauen sensationell.

Als ehemaliger Sportlehrer der Klasse, immer noch ziemlich fit, begrüßte er diese Idee voll und ganz.

Bärbel und sie mussten es einfach schaffen, auf Biegen und Brechen, auch wegen ihres Lehrers. Sie mussten sich beweisen.

Zumal die anderen Ehemaligen ziemlich skeptisch dreingeschaut haben.

Per Whats App konnte ihr Lehrer den Weg täglich begleiten, das hatte er sich ausbedungen.

Pamplona, die Stadt der immer noch blutigen Stierkämpfe, hatten sie inzwischen verlassen.

Täglich um 8 Uhr laufen die Stiere, begleitet von den Menschen, außer Schwangeren und Kindern, durch die Straßen. Es wird empfohlen, vorwärts zu laufen, auf keine Fall rückwärts, sonst ist man verloren. 

Weiter laufen, immer weiter, jetzt haben sie über Logrona Burgos bald erreicht. 

Die zwischenzeitliche Übernachtung mit dem köstlichen Abendessen hat sie für den nächsten Tag gestärkt. Auch die Blasen an den Füßen schmerzten nicht mehr so heftig.

Nach Burgos hätten sie es in ein paar Wochen über Leon und Sarria dann auch geschafft.

Aber es war noch eine ordentliche Strecke zu bewältigen.

Täglich versicherten sie ihren Angehörigen über Whats App Video, dass sie zwar sehr erschöpft, aber dennoch gesund und glücklich wären. 

Immer ein Fuß vor den anderen. Der Weg ist das Ziel……

You never walk alone.

( © Monika Zelle 10.04.2025 )

Nackt

Nackt.

Laut schreiend stürzte sie sich splitterfasernackt in die Fluten der Ostsee auf der Insel Als am Damm der Verbindung zu der Insel Kaegnes, von Adolf Hitler im 2. Weltkrieg erbaut, Autokrat, Diktator, Vegetarier, seine Parolen schreiend vor seinem Rednerpult, neben ihm sein Propagandaminister Josef Goebbels, Halbjude, Wortjongleur, der die Massen in seinen Bann zog wie kein Anderer, mit 6 Millionen Juden auf dem Gewissen.

Prustend, mit schnellen Zügen schwamm sie weit hinaus, die Wellen streichelten ihre weiche Haut, der 2. Weltkrieg gehörte längst der Vergangenheit an, an dem ihre Eltern, drei Mal in Hamburg ausgebombt fast zerbrochen wären, ihre Eltern, die sich nie schämten, nackt durch die Wohnung zu laufen, mit ihr zusammen zu duschen, was sie dann lauthals auf dem Hof der Frau Reifegerste kundtat, die staunend an ihrem offenen Parterrefenster stand, die dann abends gestikulierend ihrem Vater mit einer Anzeige drohte.

Freizügig sein, freigeistig, sich nackig machen, das hatte sie auch ihren beiden Kindern vorgelebt.

Schwer atmend schwamm sie weiter, immer weiter hinaus zum Horizont, der Sonne entgegen, immer in Gedanken bei ihren Eltern, wie diese laut lachend mit ihren sonnengebräunten Körpern nackend auf ihrem Heideland, drei Kilometer vom Dorf entfernt, im dichten Kiefernwald Verstecken und Kriegen spielten, dort wo sie in den 1930iger Jahren Bücher von Heine, Kästner und Bert Brecht Bücher in einer Eisenkiste vergruben, die sie nie wieder fanden.

In der Ferne sah sie ihren Mann am Strand spazierend, bekleidet mit T-Shirt und Schorts, an den Füßen weiße Socken, die in Sandalen steckten, Füße, die niemals den feinen Sand des Ostseestrandes zu spüren bekämen….

Aber er hatte ihr hoch-und heilig versprochen, wenn sie stirbt, und nicht mehr nackend in der Ostsee schwimmen konnte, ihre Urne genau an diesem besagten Damm zu bringen, um ihre Asche hier ins Meer zu streuen, genau hier.

In der Ferne sah sie ihren Bulli an der Steilküste stehen, grün mit weißem Dach, ein Oldtimer aus den 1970iger Jahren, den sie hoffentlich bald gegen ein Tinyhouse eintauschen konnte. 

Herr Sörensen, der Inhaber des Campingplatzes, hatte schon ein kleines Areal für sie reserviert. 

Ihr Blick ging abermals zur Steilküste, auf der sie sehr bald nackt, von der Sonne gestreichelt,

vor ihrem Tinyhouse sitzend, auf das Meer schauen würde. 

Das Leben ist schön.

( © Monika Zelle  01.04.2025 )

Voraussichten

Voraussichten

Wenn sich die Erderwärmung in den kommenden Jahren um 2° erhöht, ist das Miniaturwunderland, was eigentlich für die Ewigkeit erbaut sein sollte, in höchster Gefahr, überflutet zu werden.

Venedig würde im Meer versinken.

Die Hauptkirche St. Michaelis stünde voraussichtlich mit den Füßen im Wasser.

Die Bauern müssten anstatt Massentierhaltung längst auf Insektenproteine umgestellt haben.

Mücken überfielen Italien, und die Algen nähmen den Fischen den Sauerstoff.

Der Notstand würde ausgerufen….

Wenn Miriam gerade mit Paul in ihrem jährlichen Dänemarkurlaub noch mit den Füßen in der Ostsee planschte, wären die Regale der Supermärkte schon mit Weihnachtsmännern gefüllt.

Nicht aber in ihrem Biomarkt, in dem sie endlich wieder, wie seit gefühlten 50 Jahren, ihre geliebten Lebensmittel einkaufen würde, um sich und Paul um jeden Preis gesund zu ernähren. Auf die leckeren Brötchen, die nicht nur aus Luft bestanden, freute sie sich jetzt schon.

Auch auf die Rollenspiele am Telefon mit ihrer Enkelin. Lea freut sich bestimmt, wenn sie die Lego Friends Bausteine aus Dänemark so in zwei, vier, oder auch in acht Wochen in den Händen hält.

Dann würde sie ihre Zuckerschnute liebevoll in den Schwitzkasten nehmen.

Miriam machte sich große Sorgen um die Zukunft ihrer Enkelin.

Wie würden die Kriege in der Welt sich entwickeln, oder kommt endlich der langersehnte Frieden. Friedensverhandlungen waren nicht in Sicht.

Wenn sich der Krieg in Europa ausweitet, wären nicht einmal Bunker in der Nähe.

Wahrscheinlich würden sie und Paul einfach in ihrer Wohnung verharren.

Am Himmel war der Mond zunehmend. Miriam würde wieder keinen Schlaf finden.

In ein paar Tagen würden sie die Rückreise antreten. Miriam machte sich Sorgen um die Autofahrt, sie spürte Pauls Unsicherheit am Lenkrad.

Die vielen LKWs auf den Autobahnen, die die Lagerräume ersetzten, machten ihm zu schaffen.

Zu Hause angekommen, würde sie ihm von Herzen danken, dass sie heil angekommen waren.

Miriam würde ihm sein Lieblingsessen kochen, natürlich vegan. Sie würde seine Wäsche waschen, und seinen Koffer auspacken, den der Sohn in die kleine Wohnung in der 2. Etage ihres Mietshauses getragen hätte. 

Es würde für sie eine große Umstellung bedeuten, wieder in dieser engen Wohnung zu leben, nachdem sie 14 Tage ein geräumiges Ferienhaus bewohnt hatte.

Paul interessierte das alles nicht. Er wird wieder ununterbrochen auf seinem I Phone Glücksspiele spielen.

Ihre Nachbarin hatte die Pflanzen sicherlich gut gewässert. Wie immer. Das Andenken aus Hvide Sande würde sie bestimmt freuen.

Miriam hatte sich vorgenommen, endlich wieder einmal zum Schwimmen zu gehen. Mindestens zwei Mal in der Woche. 

Die abfälligen Blicke ob ihres Alters und der Orangenhaut würde sie zu ignorieren wissen.

Sie freute sich jetzt schon auf das beheizte Außenbecken, in dem sie auch bei Minusgraden ihre Bahnen zöge….

Die Sturmflutwarnung für die kommenden Tage in Hamburg machte ihr zu schaffen.

Sicherlich mussten wieder einige Fahrzeug vom Fischmarkt abgeschleppt werden.

( © Monika Zelle 25.03.2025 )

Prinzessin Augusta

Prinzessin Augusta

Sie ist ganz nah die Qual der Wahl

Prinzessin Augusta durchlebt eine Höllenqual

Wen soll sie denn nun freien

Von diesen Dreien

Bittet sie Fritze oder Olaf zum Traualtar

Oder den schönen Robert gar?

Ja dann vielleicht den Jungspund Robert

Er Frauenherzen gern erobert

Wen soll sie lassen in ihre heiligen Hallen

Robert ist ihr noch der Liebste von Allen

Doch er ist ein Tunichtgut

Da verlässt sie aller Mut…..

Niemals aber Alice aus dem Switzerland

Als Weiberheldin stadtbekannt

Wie konnte sie ins Reich nur kommen

Wie hat sie diese Hürde genommen

Natürlich mit ihrer Burschenschaft

Bestärkt durch Freude und auch Kraft

Augustas Vater würde sich im Grabe umdrehn

Würde er die Reichsbürger im Lande sehen

Fritze verkündet landesweit

Mit der Burschenschaft keine Gemeinsamkeit

Doch dann bei einer Zusammenkunft

Hält er doch zur Zunft

Nun zu Augustas Frage

Wen soll sie freien am Hochzeitstage

Augusta soll an den Herd zurück

Sich freuen auf Kinder und Mutterglück

Kinder sind ja schön und gut

Doch noch fehlt ihr der Mut

Wer von den Dreien soll der Vater sein

Augusta fällt wohl auf keinen rein

Verdammt und zugenäht verflixt noch einmal

Mit der verrückten Qual der Wahl

Und nun ist es passiert

Der Olaf die Wahl verliert

Der Fritze soll der Auserwählte sein?

Da gibt’s von Augusta ein klares „Nein!“

Alice tönt in die Welt hinaus

Jetzt macht sie dem Lande den Garaus

Bevor Augusta all dieses wird hassen

Muss sie auf der Stelle das Land verlassen.

( © Monika Zelle 18.02.2025 )

Die Qual zur Wahl

Die Qual zur Wahl

Sie sind ganz nah die Bundestagswahlen

Ich durchlebe gerade Höllenqualen

Wen soll ich wählen ins Kanzleramt

Sie geloben Veränderung allesamt

Wähle ich Scholz oder etwa Merz

Vielleicht gar beide zusammen gleich Schmerz

Niemals aber Alice aus dem Switzerland

Als Rechtspopulistin weltbekannt

Wie konnte sie nur in den Bundestag kommen

Wie hat sie diese Hürde genommen

Natürlich mit ihrer Wählerschaft

Gewählt mit Freude und durch Kraft

Mein Vater würde sich im Grab umdrehen

Würde er die Nazis im Kanzleramt sehen

Friedrich Merz verkündet landesweit

Mit den Rechten keine Zusammenarbeit

Doch dann bei einer Abstimmung

Ändert sich seine Gesinnung

Es geht um die Asylantenabschiebung

Da macht seine Meinung plötzlich eine Wendung

Zusammen mit der AFD stimmt er für das Abschiebegesetz

Und geht den Populisten in ihr Netz

Nun heißt es für die demokratischen Parteien alle Kräfte gebündelt

Damit die rechte Gefahr nicht an dem Asylantengesetz zündelt

Und sie schaffen es zum Glück

Auch die Geduldeten müssen nicht sofort in ihre Heimat zurück

Denn… währet den Anfängen

Die AfD lässt sich leiten von ihren Zwängen

Frauen sollen an den Herd zurück

Viele Kinder gebären ach Mutterglück

Oder doch nur Kanonenfutter?

Dann weint sie die arme Mutter

Drum Mütter sagt Nein zur Wehrpflicht

Ida Ehres Wort hat immer noch Gewicht

Oder Reinhard Meys Lied

Meine Söhne geb ich nicht

Aber wählen gehen das ist wichtig

Dann macht ihr alles richtig

( © Monika Zelle 18.02.2026 )

Weiter

Weiter…..

Der goldene Käfig

Wieder einmal sitze ich hier, und weiß eigentlich nicht, was ich hier soll.

Wäre ich doch viel lieber irgendwo in der Sonne am Meer, könnte mich den Wellen hingeben, weit hinaus schwimmen , das Wasser an meinem Körper spüren, die Weite um mich herum. 

Stattdessen hocke ich in einer engen Mietwohnung in der 2. Etage ohne Fahrstuhl. 

Seit Tagen ist es diesig und dunkel draußen, kein Sonnenstrahl durchdringt die dichten Wolken. Es ist Winter, der einzige Baum vor meinem Fenster strahlt auch nur Kälte aus…

Schemenhaft sehe ich durch ihn hindurch die Elfie.

„ In mir klingt ein Lied ein kleines Lied“. Wie gerne würde ich doch nur einmal ein Konzert dort besuchen. Doch ich sehe auf meinem kleinen Spaziergang durch mein Viertel nur die Besucherströme dorthin pilgern.

Teuer ist sie geworden, die Elfie. Statt 400 Millionen hat sie fast 800 Million gekostet.

Nichts für Leute, die nur von der Hand in den Mund leben.

Ich widme mich wieder meinen Recherchen im Internet. Ein Tinyhaus wäre super.

Entweder mitten im Wald oder am Meer. Viel zu teuer. Und wo soll ich mit meinem ganzen Krempel hin. Hunderte von Büchern belagern meine Schränke und Regale.

Nichts gegen meine Bücher, ich liebe sie heiß und innig, ich lebe in meinen Büchern und mit ihnen,  aber mitnehmen? Alle?

Mit dem Alter wird man immer schwächer. Einen Umzug müsste ich komplett von anderen machen lassen. Aber von wem? Den Kindern? 

Die sind so beschäftigt, dass sie für solche verschrobenen Gedanken ihrer Mutter keine Zeit hätten. Sle würden mich für verrückt erklären. Nach 50 Jahren Ehe mit fast 80 Jahren einen Tapetenwechsel?

Früher, ja da waren wir unterwegs, jedes Wochenende, mit dem Bulli. Viele Länder haben wir bereist. Die Erinnerung bleibt.

Das Buch von Elke Heidenreich „ Ihr glücklichen Augen“ lockt mich jeden Abend zeitig ins Bett. Ich versinke in die bildhaften Geschichten ihrer vielen Reisen. Elke hat schon in jungen Jahren bis heute die ganze Welt bereist, und diese Reisen in einem Buch zusammengefasst.

Immer noch besser, in diesem wundervollen Buch zu lesen, als jeden Abend das Leben aus zweiter Hand zu leben. „ Der eiserne Erzieher“ hat mein Vater immer gesagt.

Das endlose Zetern der Politiker*Innen der unterschiedlichsten Parteien. Rededuelle, um Stimmen für sich zu erheischen. Seit Jahrzehnten die gleichen Parolen, ohne irgendetwas zu ändern. Zum Beispiel das Thema Bildung, nie richtig angefasst. Oder die unsäglichen Renten.

Wie lange habe ich gearbeitet? Gefühlt 40 Jahre. Leider immer nur Teilzeit wegen der Kinder und der Pflege der Mutter. Und jetzt? Einen Hungerlohn an Rente.

In Österreich bekommen die Menschen 90% ihres letzten Nettolohnes.  Und zwar alle. Dort zahlen alle in die Rentenkassen ein. Das mag bei manchen nicht viel sein, aber immerhin eine Ansage. Was ist los mit den Politikern*Innen in diesem Land. Sich ihre Diäten erhöhen, das können sie. Als Vorstandsvorsitzende in Ausschüssen sitzen. Warum zahlen Staatsdiener*Innen nicht in die Sozialkassen ein?

In meiner Stadt gibt es viele Millionäre.

Doch ich sehe jeden Tag die Armut auf meinem Spaziergang durch den kleinen Park.

Dort sitzt er, der Mann ohne Namen. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Er lächelt mich an. Ich lächle zurück. Morgen bringe ich ihm heißen Kaffee und eine warme Decke.

Kein Wunder, dass so viele Menschen den unsäglichen Rechtspopulisten ihre Stimme geben, wenn die Politik sich nicht bewegt.

Neulich hat mein Sohn mich ermutigt mit auf eine Demo gegen Rechts zu gehen.

Ich hatte mir sogar ein Schild mit der Aufschrift „ Wehret den Anfängen“ umgehängt.

Dachte ich doch, ich könnte nicht mehr auf so eine Demo gehen. Viel zu laut. Zu viele Menschen.

Ich habe es nicht bereut. Mit Freunden meines Sohnes standen wir gemeinsam Hand in Hand in einer Menschenkette um das Rathaus. Ein gutes Gefühl. Sogar unser Bürgermeister war dabei.

Und nun.

Die Tage plätschern dahin, ohne große Veränderungen.

Ich liebe Veränderungen. Reisen, so wie Elke, durch die Welt chatten. 

In meinem Alter? Aber ist das jetzt ein Leben? Die meiste Zeit auf dem Sofa?

Den „ Mitbewohner“, wie er sich selbst spaßeshalber nennt, fast nicht mehr wahrnehmen, weil  ihm das Smartphone wichtiger ist. Diese Geisel der Menschheit, Fluch oder Segen? Mitbewohner. Frechheit. In jedem Spaß steckt auch etwas Ernst, oder?

Was werde ich tun.? Wie werde ich mich entscheiden? Wieviel Zeit bleibt mir?

Eine Gefangene meiner selbst sein, oder wie Elke noch einmal in die Welt hinaus.

Vielleicht auf dem Jakobsweg? Nicht nach Santiago de Compostela in Spanien.

Nein. Da pilgern sie alle hin…..Er kann vor meiner Tür anfangen, der Jacobsweg, 

und dann? Immer weiter, weiter weiter…..

( © Monika Zelle 11.02.2025)

Ranga

Ranga

Ich befand mich gerade auf dem Flug von Uganda nach Hamburg zu einem wissenschaftlichen Kongress, als ich in einer Zeitschrift von einem Bären las, der in der japanischen Stadt Akita auf der Insel Honshu einen Mann in einem Supermarkt in der Feinkostabteilung am Kopf verletzt hatte. 

Sechs Menschen sollen in Japan innerhalb eines Jahres von Schwarzbären getötet worden sein.

In dieser Zeit wurden mehr als 9000 Bären getötet.

Für mich als Verhaltensforscherin von Schimpansen unvorstellbar.

Auf dem Kongress in den Messehallen war das Thema in aller Munde.

Durch Zufall traf ich Ranga. Ein gebürtiger Inder, der schon lange an der Empfängnisverhütung für den Mann forschte. Im Gepäck hatte er die Pille, die aber noch nicht auf dem Weltmarkt zugelassen war.

Zwei Seelen ein Gedanke. Wir beide machten uns auf den Weg nach Akita.

Als wir dort landeten, waren die Straßen voll von Menschen.

Sie trugen Spruchbände vor sich her mit der Aufschrift:

„Ihr tötet alle Bären, damit sie sich nicht  vermehren. Doch sind die Bären alle tot,

hat die Natur ihre liebe Not“.

Die Polizei von Akita versuchte vergeblich, die Demonstration zu zerschlagen…..

Ranga und ich mieteten eine Hütte in der Umgebung von Akuta.

Schwarzbären sind Allesfresser, hatten aber durch den sich immer mehr verbreitenden Klimawandel nicht genug Nahrung, und überfielen Menschen.

Wir deckten den Bären, und es waren noch viele, jeden Tag den Tisch, und mischten die Pille für den Mann unter das Fressen. Natürlich nur bei den männlichen Tieren. 

Viele Monate versorgten wir unter sehr primitiven Umständen die Schwarzbären mit Nahrung.

Und siehe da, nach einem Jahr hatten wir es geschafft.

Die Schwarzbären vermehrten sich fast nicht mehr. Mit einer Petition verschafften Ranga und ich uns Zugang zu dem japanischen Regierungschef Shigeru Ishiba.

Er sorgte sofort dafür, dass kein Bär mehr getötet wurde. 

Ranga flog zurück in seine Heimat, ich nach Uganda zu meinen Schimpansen.

Doch einmal im Jahr kehrten wir zurück nach Akita, und besuchten unsere Bären.

Die Menschen in Akita sorgten weiterhin für das leibliche Wohl der Schwarzbären, und mischten die Pille für den Mann unter das Essen. 

Seither wurde in Akita kein Mensch mehr von einem Bären getötet. 

Die Pille für dem Mann wurde endlich auf dem Markt zugelassen.

Eine Revolution für die Frau….

( © Monika Zelle 04.12.2024 )

Happy Birthday

Happy Birthday

„ Schau mal Judel, sie feiern wieder ihren Geburtstag im Wald!“

„ Ja, Erna und Herbert sind auch dabei, und wir nicht! Schade oder?“

„ Ja, und die Tische biegen sich unter der Last der Torten.

Es ist der 72. Geburtstag meiner geliebten Frau Anne! Und wir sitzen hier auf Wolke 7 und können nicht dabei sein, heute am 10. August.“

Der Geburtstag wird stets auf dem großen Grundstück in der Lüneburger Heide gefeiert.

Die Sonne scheint, wie meistens an diesem Tag im August.

Annes Schwiegersohn Joachim hat auch heute Geburtstag und wird 37 Jahre alt.

Anne ist eine kleine dicke Frau mit Dauerwelle, die triumphierend am Kopfende des Tisches sitzt, und zufrieden in die Runde schaut.

Alle sind gekommen. 

Ihr Bruder Heini, die Schwägerin Alma, mit der er zum 3. Mal verheiratet ist.

Sie hatten in der Rubrik Bekanntschaften im Hamburger Abendblatt inseriert, und sich zufällig im selben Cafe mit einer Rose in der Hand wiedergetroffen. Dann flogen wieder  Teller und Tassen.

Gegenüber die Schwägerin Erna und dem Sohn Herbert. Ehemann und Vater Judel ist früh verstorben. Erna, eine ebenfalls ziemlich kleine dicke Frau mit schwarz gefärbten Haaren, die gerne mal zu tief ins Glas schaut, und dann nachts zum Brunsberg wandern will….

Daneben Bruder Paul, sehr klein und schmächtig. Lange Jahre schipperte er als Obersteward mit der Caroline Oetker auf den Meeren herum. Er baute zusammen mit seinem Bruder Heini ein Haus in Höckel am Flidderberg, bei dem alle Verwandten halfen. Dabei zerstritten sich die Brüder Heini und Paul mit Judel unwiderruflich.

„ Monika, schenkst Du dann mal den Kaffee ein?“ Monika springt auf und rennt in die Hütte.

Annes  Enkel Stefan und Enkelin Simona tollen auf dem Grundstück herum.

„ Schau Judel, da kommt mein Sohn Reinhard mit seiner Frau Erika und den Kindern.

Annes Kronensohn, siehst Du wie sehr sie sich freut?“

„ Ja, Bruno, so habe ich meine Schwester selten erlebt!“

Ein Strahlen erscheint auf Annes Gesicht.

„ Endlich seid ihr da mein Schatz, ich habe schon so auf Euch gewartet!“

Anne umarmt ihren Sohn herzlich. 

Seine Frau Erika scheint heute nüchtern zu sein. Schüchtern setzen sich die 3 Söhne Kurt, Holger und Thomas an den Tisch.

Kurt wurde mit 4 Jahren von Reinhard adoptiert. Als er seine Frau heiratete, war sie 18 und wieder hochschwanger mit Sohn Holger. 

Dann ist da noch der Neffe Horst Weigand mit Frau Inge und Tochter Martina.

Zu guter Letzt erscheint Schwägerin Gertrud. Groß und stattlich stolziert sie auf ihren roten Stöckelschuhen an den Tisch. 

Ihr hat Sohn Reinhard das Grundstück zu verdanken. Gertruds Mann Alfred, früh verstorben, hat es ihm seinerzeit geschenkt. 

„ So meine Lieben, nun langt man tüchtig zu, es muss alles alle werden!“

Das ist ein Spruch von Annes Schwager Ewald. Auch er und seine Frau Karla mit den Kindern Rainer und Petra sind gekommen.

Petra wurden in den 1950iger Jahren adoptiert.

Ewald war 6 Jahre in russischer Gefangenschaft, und hat seinen Sohn Rainer erst kennengelernt, als er gerade in die Schule kam….

„ Kiek mol Judel, wie mien Dochter sick mit den Adoptifsöhn Kurt ünnerhöllt!“

„ Jo, se kiekt sick deep in de Oogen, löppt dor watt Bruno?“

„ Jo kann siin, mien Deern is keen Kind vun Drurigkeit!“

Monika unterhält sich tatsächlich ausgiebig mit ihrem Neffen Kurt.

Er hat Zucker und muss Insulin spritzen. Dennoch isst er zwei Stück Torte. 

Die beiden mögen sich sehr, heimlich nimmt Kurt Monikas Hand.

Sie lässt es geschehen. 

Sie unterhalten sich über ihren Lieblingssänger Joe Cocker und, wie kann es anders sein in dieser Familie, natürlich über Politik.

Am 06. März 1983 waren Neuwahlen in Deutschland.

Ende der sozialliberalen Aera.

Helmut Kohl bringt mit einem konstruktiven Misstrauensvotum Helmut Schmidt zu Fall und wird neuer Bundeskanzler.

„ Ich bin so froh, dass endlich die Grünen mit in den Bundestag eingezogen sind!“,

sagt Kurt.

„ Ja, ein Glück, nur dass dieser dicke Kohl Bundeskanzler geworden ist, gefällt mir gar nicht!“

„ Ne, mir auch überhaupt nicht, aber die Grünen können vielleicht doch einiges in der Politik verändern!“

„ So, nun ist aber Schluss mit der unheilvollen Diskussion über Politik, und das an unserem Geburtstag!“, ruft Anne.

Sie stimmt auf der Mundharmonika ein Lied an. Paul spielt dazu Balalaika, Inge Akkordeon.

Alle singen fröhliche Wander-und Folklorelieder.

„ Schau mal Bruno, jetzt fangen sie an zu musizieren, ach wie schön das immer war, als wir noch dabei waren!“ Ja, Judel, da hast Du recht, es war eine wunderschöne Zeit in der Heide….“.

Zum Abendbrot haben Monika und Joachim zusammen mit Onkel Ewald Berge von Leberwurst-und Mettwurstbroten geschmiert.

„ Muss alles alle werden!, sagt Onkel Ewald wieder!“

( © Monika Zelle 06.01.2025 )

König Olaf

König Olaf

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind

Es ist der Olaf mit seinem Lind

N(er) hat den Knaben sicher im Griff

Umrundet mit ihm ein gefährliches Riff

Mein Chris was birgst Du so bang Dein Gesicht

Siehst Du Olaf den Geldeintreiber nicht?

Den Eintreiber mit Kron und Schweif?

Mein Chris es ist ein Nebelschweif

Christian mich reizt Deine wilde Gestalt

Und bist Du nicht willig so brauch ich Gewalt

Olaf oh Olaf so fass mich nicht an

Sonst hast Du mir ein Leid angetan

Dem Olaf grausets er reitet geschwind

Er hält am Arm den ächzenden Lind

N(er) reicht seinen Rausschmiss mit Müh und Not

An seinem Arm der Chris sieht rot

( © Monika Zelle 17.11.2024 )

Lena und Moritz

Das Telefon klingelt.

Es ist die Enkelin.

„ Oma, spielst Du mit mir Lena und Moritz?“ Bitte!

„ Natürlich spiele ich mit Dir Lena und Moritz!“

Die Oma hört im Hintergrund den Vater der Enkelin rufen:

„ Du räumst aber erst Dein Zimmer auf, dann übst Du Geige!“

Das Kind fängt bitterlich an zu weinen.

„ Ich habe so lange nicht mit Oma am Telefon gespielt!“

Der Vater bleibt unerbittlich. Der Oma bricht es das Herz.

Sehen sie sich doch nur noch so selten.

Die Mutter der Enkelin hat ein Einsehen.

„ Du darfst jetzt eine Stunde mit Oma spielen, dann räumst Du auf und übst Geige!“

Oma und Enkelin atmen auf.“

„ Oma ich bin jetzt noch richtig traurig, und kann gar nicht spielen!“

„ Ich auch, aber lass uns einfach anfangen!“!“

„ Ok, Du fängst an Oma!“

„ Mit vorstellen?“

„ Aber nur kurz.“

„ Ok.“

„ Also, ich bin Moritz, 15 Jahre alt,, wohne in einer Villa, habe 4 Geschwister, Lina, Elle Kari, Max und Moritz. Ich habe 6 Tiere, 2 Hunde, 2 Katzen und 2 Schildkröten. Meine Eltern sind

Jonny Cash und Bettina Wegener. 

Jetzt Du.

„ Ich bin Lena, 16 Jahre alt, wohne auf einem Bauernhof, habe 7 Geschwister, und 100 Tiere.“

Meine Eltern sind Lena Meyer Landruth und Matthias Schweighöfer.“

„ So, Oma jetzt fangen wir richtig an! Ich bin gerade neu eingezogen.

Du klingelst.

„ Hallo, ich bin Moritz, ihr seid hier neu eingezogen, ich wollte Euch mal kennenlernen!“

„ Bist Du der Nachbarssohn?“ 

„ Ja.“

„ Ich bin Lena! Wollen wir ausreiten?“

„ Oh ja, Du hast ganz viele Pferde, oder?

„ Ja, Du reitest auf Jacky und ich auf Amadeus.“

„ Dann los, galoppi galoppi, wo reiten wir eigentlich hin?“

„ Zum See, da kann man herrlich schwimmen!“

Beim See angekommen zieht Moritz sich aus und schwimmt sofort zum anderen Ufer.

Lena geht nur auf Amadeus ins kühle Nass.

Plötzlich fällt ein Schuss.

„ Moritz, komm sofort her, wer ist das?“

Moritz schwimmt wieder zurück.

„ Ach, das ist nur Bauer Meyer, er will nicht, das wir in seinem Fischteich schwimmen, wegen seiner Fische!“

„ Aber hier sind doch gar keine Fische !“ 

Nein, die schwammen eines Tages tot an der Oberfläche, weil kein Sauerstoff mehr im Teich war!“ 

Er kommt auf uns zu!“

„ Ach der ist harmlos!“

Wieder fällt ein Schuss.

Amadeus bäumt sich auf und wirft Lena ab. Beide Pferde rennen weg.

Bauer Meyer hat inzwischen mit seiner Flinte das Seeufer erreicht, und steht bedrohlich vor Lena und Moritz.

Plötzlich sieht Moritz, wie Lena Vampirzähne aus dem Mund sprießen.

„ Hokus pokus Fidibus, 3 Mal schwarzer Kater, hex hex!“

Moritz traut seinen Augen nicht. Bauer Meyer ist mit seiner Flinte wie vom Erdboden verschluckt.

Lena steht da, als wäre nichts gewesen. 

„ Und wie kommen wir jetzt nach Hause?“

„ Na zu Fuß, ich weiß den Weg.“

Doch kaum hatte Moritz sich versehen, war Lena verschwunden.

Er hörte nur noch:

„ Hex hex!“

Als er zu Hause ankam, striegelte Lena ihre Pferde.

„ Wo warst Du auf einmal?“

„ Ich verrate Dir jetzt ein Geheimnis, ich habe Zauberkräfte,  bin ein Vampir, kann hexen, und mich unsichtbar machen!“

„ Kannst Du mich auch verhexen?“

„ Natürlich!“

Und schon war Moritz nicht mehr zu sehen.

Leider konnte Lena Moritz nicht wieder zurückholen. Da hexte sie sich auch für immer fort…..

So spielte die Enkelin mit ihrer Oma fast zwei Stunden. Dann räumten sie gemeinsam das Zimmer auf und die Enkelin spielte der Oma auf der Geige ihre Lieder vor.

Der Vater hatte die beiden ganz vergessen. Er schaute im Fernsehen ein wichtiges Fußballspiel. Die Mutter kochte.

( © Monika Zelle 12. 11.2024 )