Der kleine Friseurladen in Eppendorf, einem renommierten Stadtteil von Hamburg, war nicht besonders. Hier wohnten überwiegend wohlhabende Leute.
In diesen Laden verirrten sich allerdings nur Menschen mit eher geringem Einkommen.
Conni wollte sich eigentlich nicht die Haare schneiden lassen, als sie den Frisörsohn zum ersten Mal sah.
Es war bei einer Arbeitskollegin in Eimsbüttel. Sie sollte auf ihre Kinder aufpassen, als der Frisör Sven hereinschneite, um die Habseligkeiten seines Freundes, der gerade von seiner Frau geschieden war, abzuholen.
Er verliebte sich Hals über Kopf in Conni. Als er sie mit ihrem Alpenveilchen und einer Schallplatte für ihre Eltern zum Hochzeitstag, mit in seine Bude nahm, küssten sie sich zum ersten mal leidenschaftlich.
Conni wunderte sich, das dass Zimmer voller Fernsehgeräte stand, die alle nicht funktionierten.
„ Da hat wohl jemand seinen Beruf verfehlt“, konstatierte sie.
So nahm die Geschichte ihren Lauf.
Sven machte Conni oft die Haare schön, in dem kleinen Frisörsalon in Eppendorf.
Ja, Haare schneiden konnte er.
Eines Morgens überraschte sein Vater die beiden in dem Hinterzimmer des Salons.
„ Was will die denn hier!“ sagte er, taxierte Conni missbilligend von oben bis unten, drehte sich um, und knallte die Tür hinter sich zu.
Svens Eltern wollten sie nicht. Sie war ja keine Frisörin.
Als er nach einem halben Jahr Spießrutenlaufen von zu Hause auszog, sagte sein Vater:
„ Du wirst in der Gosse landen mit dieser Frau!“
Weil Conni im Gängeviertel wohnte, dachten die Eltern, sie wäre eine Prostituierte.
Sie stammte zwar aus einem einfachen Elternhaus, hatte jedoch eine Banklehre absolviert, und war jetzt bei der Stadt beschäftig, verdiente gutes Geld.
Sven zog bei ihr ein. Bald fand er einen Job als Techniker bei einer Computerfirma, und arbeitete sich schnell zum Gruppenleiter hoch, obwohl er diesen Beruf nicht erlernt hatte. Ein Naturtalent.
Seine Eltern meinten, er lebe polnisch mit dieser Frau zusammen.
Conni und Sven heirateten an einem sonnigen Tag im September ohne seine Eltern.
Noch einmal besuchten die beiden sie, als Conni schwanger war.
Abfällig sagten sie:“ Wie kann man sich in diesen Zeiten Kinder anschaffen!“
Die 1970iger Jahre waren gute Jahre, während Sven und seine Schwester in den Kriegsjahren zur Welt kamen.
Sven und Conni lebten ein gutes Leben mit ihrem Sohn, später bekamen sie noch eine Tochter. Besuchte er seine Eltern, sagten sie zu ihm:“ Du kannst jederzeit kommen, deine Bagage hat hier nichts zu suchen.
So sah er die Eltern nie wieder.
Wäre es anders gekommen, wenn sie jemals erfahren hätten, dass ihr Enkelsohn ein Oberstudienrat, und ihre Enkeltochter eine erfolgreiche Marketingfachfrau geworden ist?
( © Monika Zelle 23.03.2021 )