Starke Arme

Maja machte zum ersten Mal mit ihrer Freundin Luise Urlaub. 

In Italien, dem Land wo die Zitronen blühen.

Luise war schon des Öfteren am Gardasee, und hatte hier sogar einen Freund.

Antonio, Sesselliftwart.

Maja hatte  noch nie in ihrem Leben hohe Berge gesehen.

Das schmucke Städtchen Torbole lag an der engsten Stelle oberhalb des Gardasees.

Hier bezogen sie ein kleines Zimmer in der Villa Martha.

Als Maja und Luise ein paar Tage die seidige Luft am See genossen, und sich ihre Haut  an die Sonne gewöhnt hatte, unternahmen sie einen Ausflug an den Ledrosee. 

Maja hatte keine Ahnung, dass dieser See hoch oben in den Bergen lag.

Als die beiden in Riva beim Sessellift ankamen, beschlich sie schon ein mulmiges Gefühl, denn dieser Lift fuhr rauf und runter ohne Unterlass. Die Geschwindigkeit war nicht zu unterschätzen. Nach langem Hin und Her setzte sich Maja dann doch in den Sessel des Lifts, allein. Luise fuhr hinter ihr. Es ging höher und höher. Maja wurde schwindelig.

Noch nie hatte sie unter sich einen so tiefen Abgrund gespürt. Nur nicht nach unten schauen, hatte Luise vorher zu ihr gesagt.

Nach 15 Minuten kamen sie oben an. Nun hieß es während der Fahrt aussteigen.

„ Das schaffe ich nie!“, dachte Maja. 

„ Ich kann nicht aussteigen!“, schrie sie.

Der Sesselliftwart Antonio erkannte ihre Unsicherheit, und zog sie aus dem Sessel auf die Plattform. Dabei verfing sich ihre Handtasche in der Öffnung des Verschlusses am Sessel, und fuhr wieder ins Tal.

Maja stand wie erstarrt da und zitterte.

„ Die kommt wieder rauf“, sagte Antonio seelenruhig. 

Maja fing an zu weinen: „ Da sind alle meine Papiere und mein Geld drin!“, jammerte sie.

Antonio zog Maja zu sich heran, nahm sie in den Arm, und drückte sie an sich. Maja beruhigte sich zusehends. Als sie zu ihm aufschaute, sah sie, wie gutaussehend dieser Typ war, braun gebrannt, groß, breitschuldrig.

Ein warmes Gefühl strömte durch ihren Körper. Sie verliebte sich Hals über Kopf in ihn.

Inzwischen war auch Majas Handtasche und Luise oben angekommen.

„ Nun schau dir doch mal diese wunderschöne Landschaft an!“, rief Luise, und lief in Richtung Ledrosee.

Wie in Trance ging Maja hinter ihr her.

Erst ganz allmählich nahm sie den smaragdgrünen See und die schneebedeckten Berge wahr. „ Ein Traum“, dachte sie, wie Antonio.

Wie von Zauberhand geschaffen, entdeckten sie ein kleines Restaurant.

Sie setzten sich auf die Terrasse mit Blick auf den See. 

Kleine Wellen verschluckten sich auf der Wasseroberfläche und glitzerten in der Sonne.

Die Berge spiegelten sich im See.

„ Traumhaft, oder?“, rief Luise, und bestellte sich Spaghetti Bolognaise, dazu einen Espresso.

„ Na, war es nun so schlimm, hier hoch zu fahren?“

„ Du hast es doch geschafft!“

„ Ja, aber runter fahre ich nicht!“, sagte Maja entschlossen.

„ Wie runter fahre ich nicht, willst Du hier oben versauern? Wo willst Du denn hier bleiben?“

„ Bei Antonio!“, sagte Maja.

Luise lachte schrill, hektische rote Flecken überzogen Hals und Gesicht. “ Der wohnt doch gar nicht hier oben!“ 

„ Mich kriegen keine zehn Pferde mehr in diesen Sessellift!“, sagte Maja.

Sie hatte nichts gegessen, nur eine erfrischende Grenadine getrunken.

Langsam umrundeten die beiden noch den von Geheimnissen umwobenen See.

Wieder am Lift angekommen, wollte Maja tatsächlich nicht nach unten fahren.

Die schwindelerregende Höhe nahm ihr den Atem.

Doch Antonio wusste Rat. Ruhig nahm er sie bei der Hand, half ihr in den Sessel, setzte sich in den Nachfolgenden, ergriff die Kette von Majas Sessel, und so fuhren die beiden Hand in Hand hinunter ins Tal…………….

( © Monika Zelle 20.04.2021)

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