Happy Birthday

Happy Birthday

„ Schau mal Judel, sie feiern wieder ihren Geburtstag im Wald!“

„ Ja, Erna und Herbert sind auch dabei, und wir nicht! Schade oder?“

„ Ja, und die Tische biegen sich unter der Last der Torten.

Es ist der 72. Geburtstag meiner geliebten Frau Anne! Und wir sitzen hier auf Wolke 7 und können nicht dabei sein, heute am 10. August.“

Der Geburtstag wird stets auf dem großen Grundstück in der Lüneburger Heide gefeiert.

Die Sonne scheint, wie meistens an diesem Tag im August.

Annes Schwiegersohn Joachim hat auch heute Geburtstag und wird 37 Jahre alt.

Anne ist eine kleine dicke Frau mit Dauerwelle, die triumphierend am Kopfende des Tisches sitzt, und zufrieden in die Runde schaut.

Alle sind gekommen. 

Ihr Bruder Heini, die Schwägerin Alma, mit der er zum 3. Mal verheiratet ist.

Sie hatten in der Rubrik Bekanntschaften im Hamburger Abendblatt inseriert, und sich zufällig im selben Cafe mit einer Rose in der Hand wiedergetroffen. Dann flogen wieder  Teller und Tassen.

Gegenüber die Schwägerin Erna und dem Sohn Herbert. Ehemann und Vater Judel ist früh verstorben. Erna, eine ebenfalls ziemlich kleine dicke Frau mit schwarz gefärbten Haaren, die gerne mal zu tief ins Glas schaut, und dann nachts zum Brunsberg wandern will….

Daneben Bruder Paul, sehr klein und schmächtig. Lange Jahre schipperte er als Obersteward mit der Caroline Oetker auf den Meeren herum. Er baute zusammen mit seinem Bruder Heini ein Haus in Höckel am Flidderberg, bei dem alle Verwandten halfen. Dabei zerstritten sich die Brüder Heini und Paul mit Judel unwiderruflich.

„ Monika, schenkst Du dann mal den Kaffee ein?“ Monika springt auf und rennt in die Hütte.

Annes  Enkel Stefan und Enkelin Simona tollen auf dem Grundstück herum.

„ Schau Judel, da kommt mein Sohn Reinhard mit seiner Frau Erika und den Kindern.

Annes Kronensohn, siehst Du wie sehr sie sich freut?“

„ Ja, Bruno, so habe ich meine Schwester selten erlebt!“

Ein Strahlen erscheint auf Annes Gesicht.

„ Endlich seid ihr da mein Schatz, ich habe schon so auf Euch gewartet!“

Anne umarmt ihren Sohn herzlich. 

Seine Frau Erika scheint heute nüchtern zu sein. Schüchtern setzen sich die 3 Söhne Kurt, Holger und Thomas an den Tisch.

Kurt wurde mit 4 Jahren von Reinhard adoptiert. Als er seine Frau heiratete, war sie 18 und wieder hochschwanger mit Sohn Holger. 

Dann ist da noch der Neffe Horst Weigand mit Frau Inge und Tochter Martina.

Zu guter Letzt erscheint Schwägerin Gertrud. Groß und stattlich stolziert sie auf ihren roten Stöckelschuhen an den Tisch. 

Ihr hat Sohn Reinhard das Grundstück zu verdanken. Gertruds Mann Alfred, früh verstorben, hat es ihm seinerzeit geschenkt. 

„ So meine Lieben, nun langt man tüchtig zu, es muss alles alle werden!“

Das ist ein Spruch von Annes Schwager Ewald. Auch er und seine Frau Karla mit den Kindern Rainer und Petra sind gekommen.

Petra wurden in den 1950iger Jahren adoptiert.

Ewald war 6 Jahre in russischer Gefangenschaft, und hat seinen Sohn Rainer erst kennengelernt, als er gerade in die Schule kam….

„ Kiek mol Judel, wie mien Dochter sick mit den Adoptifsöhn Kurt ünnerhöllt!“

„ Jo, se kiekt sick deep in de Oogen, löppt dor watt Bruno?“

„ Jo kann siin, mien Deern is keen Kind vun Drurigkeit!“

Monika unterhält sich tatsächlich ausgiebig mit ihrem Neffen Kurt.

Er hat Zucker und muss Insulin spritzen. Dennoch isst er zwei Stück Torte. 

Die beiden mögen sich sehr, heimlich nimmt Kurt Monikas Hand.

Sie lässt es geschehen. 

Sie unterhalten sich über ihren Lieblingssänger Joe Cocker und, wie kann es anders sein in dieser Familie, natürlich über Politik.

Am 06. März 1983 waren Neuwahlen in Deutschland.

Ende der sozialliberalen Aera.

Helmut Kohl bringt mit einem konstruktiven Misstrauensvotum Helmut Schmidt zu Fall und wird neuer Bundeskanzler.

„ Ich bin so froh, dass endlich die Grünen mit in den Bundestag eingezogen sind!“,

sagt Kurt.

„ Ja, ein Glück, nur dass dieser dicke Kohl Bundeskanzler geworden ist, gefällt mir gar nicht!“

„ Ne, mir auch überhaupt nicht, aber die Grünen können vielleicht doch einiges in der Politik verändern!“

„ So, nun ist aber Schluss mit der unheilvollen Diskussion über Politik, und das an unserem Geburtstag!“, ruft Anne.

Sie stimmt auf der Mundharmonika ein Lied an. Paul spielt dazu Balalaika, Inge Akkordeon.

Alle singen fröhliche Wander-und Folklorelieder.

„ Schau mal Bruno, jetzt fangen sie an zu musizieren, ach wie schön das immer war, als wir noch dabei waren!“ Ja, Judel, da hast Du recht, es war eine wunderschöne Zeit in der Heide….“.

Zum Abendbrot haben Monika und Joachim zusammen mit Onkel Ewald Berge von Leberwurst-und Mettwurstbroten geschmiert.

„ Muss alles alle werden!, sagt Onkel Ewald wieder!“

( © Monika Zelle 06.01.2025 )

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