Vorstadtweiber

Vorstadtweiber

Sie wohnten in einer Vorstadtsiedlung. Die Häuser glichen sich wie ein Ei dem anderen. Brigitta, ehemalige Miss Germany, hatte immer von so einem Haus geträumt.  

Ihr Mann Simon, groß, muskulös, gutaussehend, ein Mann wie ein Baum. Die beiden Kinder, ein Zwillingspärchen, Jette und Anton, 6 Jahre alt, ihren Eltern wie aus dem Gesicht geschnitten. 

Die Vorstadtweiber lagen Simon mit ihren Blicken zu Füssen, und beneideten Brigitta um diesen tollen Mann. 

In den Garageneinfahrten standen SUVs, die sich nur farblich unterschieden.

Wenn Jette und Anton morgens von ihren Eltern in die Schule gebracht wurden, hielt Simon seiner Frau galant die Wagentür auf, und sie stieg ein wie eine Königin. Der perfekte Kavalier.

Die Männer der Vorstadtsiedlung schielten neidisch auf seine Schießkünste im Schützenverein. Natürlich war er Schützenkönig, und seitdem unschlagbar. 

An jedem Wochenende fanden Grillfeste in den Gärten der Siedlung statt, wo jede Familie versuchte, die andere zu übertreffen, aber das Grillfest von Simon und Brigitta konnte niemand toppen. Mit Fackeln und Lampions schmückte er seinen Garten, die sein Haus erstrahlen ließen wie ein Märchenschloss. Auch das Spanferkel auf dem Spieß über dem Feuer hatte das zarteste Fleisch. Die Vorstadtweiber bekamen nie heraus, woher er es bezog. 

Alle freuten sich an diesem Tag auf das Grillfest bei Simon und Brigitta.

Sportlich, in Markenjeans und Boss T-Shirt, trat er in seinen Garten, küsste jeder Frau galant die Hand, schlug den Männern freundschaftlich auf die Schulter, und widmete sich dann seinem Spanferkel. Jetzt betrat Brigitta mit ihren beiden Kindern den Schauplatz.

In ihrem luftigen, bunten,  Seidenkleid von Dior stöckelte sie in Highheels die Verandatreppe hinunter. Plötzlich knickte sie um und landete auf dem Rasen. Das Kleid war bis zu ihrer Taille hochgerutscht. Ein erschrockenes Aufstöhnen ging durch das Vorstadtvolk.  Die Gäste standen wie versteinert und tuschelten.

Vergeblich versuchte sie sich zu erheben.

Erst als einige Vorstadtmänner ihr halfen, kam sie wieder auf die Füße, lächelte entschuldigend.

Das Aupairmädchen, dass seit einigen Wochen im Haus wohnte, reichte auf einem Tablett Champagner. Nach einigen Gläsern lockerte die Stimmung wieder auf. Das Spanferkel wurde von dem Hausherrn zerteilt. Das Aupair servierte. Nach dem Essen wurde ausgelassen getrunken und getanzt. Die Kinder tobten in Native Americans Costumes durch den Garten. Niemand störte sich daran, als Simon mit dem Aupairmädchen flirtete.

Plötzlich torkelte Brigitta durch den Garten zu ihrem Mann, baute sich vor ihm auf und schrie:

„ Da seht ihr ihn, der von allen bewunderte und geliebte Schönling, wie er mit unserem Aupair flirtet. Nein, meine lieben Freunde, er flirtet nicht nur mit ihr, er besucht sie auch jede Nacht. Die Geräusche….. unerträglich.

Wenn ich den beiden dann auf die Schliche komme, verprügelt er mich, meine Oberschenkel und meine Arme sind meine Zeugen!“ Der Schönling erblasste, das Aupair erschrak. 

Die Vorstadtweiber schauten verschämt, ihre Männer wütend. 

Langsam löste sich die Gartengesellschaft auf. Die Lichter erloschen. 

Nur der Mond schickte ein fahles Licht auf die eineiigen Häuser.

( © Monika Zelle 31.10.2023 )

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