Stadt Hamburg an der Elbe Auen
Wie bist Du herrlich an zu schauen.. Mit Deiner Türme hoch Gestalt…. Mit Deiner Schiffe Mastenwald.
Ja, die Türme der 5 Hauptkirchen stehen immer noch da, wie eh und je, aber der Schiffe Mastenwald gibt es schon lange nicht mehr in dieser sogenannten Metropole. Als Metropole würde ich meine Heimatstadt allerdings nicht bezeichnen, da denke ich eher an Paris oder Berlin….. Die Mastenwälder wurden verdrängt von den vielen Kreuzfahrtschiffen, die mir hier mit ihren Abgasen meinen Balkon verdrecken.
Ja, die Perle am Hafenrand.
An fing es in den 1980iger Jahren mit dem Bau des Verlagshauses Gruner & Jahr, das mitten in unser Viertel der südlichen Neustadt geklotzt wurde. Ein großer Abenteuerspielplatz mit einem Rodelberg musste weichen. Hunderte von Bäumen wurden gefällt.
Entlang des Fischmarktes entstanden hohe Bürohäuser, und hier am Hafen wurde nach und nach die Hafencity, mit futuristischen Gebäuden aus dem Boden gestampft.
Als ich vor fast einem halben Jahrhundert in dieses Viertel zog, sagten meine Bekannten und Verwandten:“ Was da wohnst Du? Da kann man doch keine Kinder groß ziehen, so in der Nähe der Reeperbahn.
Und heute? Heute sagen sie:“ Oh, da wohnst Du? Das ist ja toll!“
Ja, so hat sich unser Viertel mit der Perle am Hafenrand verändert.
Früher wohnten hier Hafenarbeiter, teilweise auch Kapitäne.
Und heute? Das Entlein hat sich zum Schwan gemausert.
Heute wohnen hier fast nur noch sogenannte Bessergestellte, die die einfachen Leute an den Stadtrand verdrängen, in Getthos wie Mümmelmannsberg auch Bunny Hill genannt, oder den Osdorfer Born.
Die Mieten in Hamburg sind exorbitant gestiegen. Viele Mietwohnungen wurden in Eigentumswohnungen umgewandelt, die sich Otto Normalverbraucher nicht mehr leisten kann.
Wenn wir nicht mit unserer Bürgerinitiative in den 1980iger Jahren dafür gesorgt hätten, dass in einigen Straßenzügen die Erhaltenssatzung greifen konnte, wären noch mehr Wohnungen von den Investoren über den Schnabel genommen worden.
Unser kleiner Venusberg Park sollte mit Eigentumswohnung bebaut werden. Auch das haben wir mit unserer INI, sowie den Lehrern*Lehrerinnen der hiesigen Schulen und den Erziehern*Erzieherinnen der Kindergärten und natürlich auch zusammen mit den Kindern verhindert.
Dann wollte der Spiegelverlag direkt hinter unserem Wohnblock mit einem weiteren Verlagshaus dieses Viertel verschandeln. Dagegen hat sich zum Glück unser damaliger Michelpastor Adolphsen zusammen mit unserer INI erfolgreich gewehrt. Es wurden 100 Sozialwohnungen gebaut. Direkt daneben allerdings wieder ein Wohnblock, mit Wohnungen für 30,00 Euro der Quadratmeter. Ich frage Dich, wer soll das bezahlen?
Auch in vielen anderen Stadtteilen, wie die Schanze oder Barmbek, wo ich aufgewachsen bin, haben sich Investoren eingekauft, und Bessergestellte bevölkern die Cafes und Restaurants in den Straßen, wo eine Kaffee Latte 5,00 Euro kostet.
Auf der Schanze ist meine Mutter geboren, früher ein Arbeiterviertel.
Sie würde es nicht wiedererkennen.
Natürlich, meine Heimatstadt Hamburg ist immer noch eine wunderschöne Stadt mit ihrer Alster, ihrem Hafen und ihren Fleeten und Kanälen, es sollen mehr sein als in Venedig. Die schönste Stadt der Welt behaupten Viele. Na ja…..
Früher war das Alsterhaus meine zweite Heimat, ich bin jeden Tag, mit meinen beiden Kindern im Schlepptau dort einkaufen gegangen. Und Heute? Was meinst Du wie es heute dort aussieht. Ein Luxustempel, in dem man keine Handtasche unter tausend Euro kaufen kann.
Und wenn ich durch den Neuen Wall schlendere, entdecke ich ein Modelädchen neben dem nächsten. Nur sind da keine Kunden drin. Der Laden ist leer. Ich frage Dich, wie überleben die Inhaber*Inhaberinnen dieser Geschäfte.
Ein SUV hinter dem anderen fährt durch diese angebliche Nobelstraße, und verpestet die Luft.
Und eines noch! Hier in meinem Viertel wurde ein Hotel nach dem anderen gebaut, mit Luxussuiten, wie Du sie wohl nie bewohnen wirst. Wahrscheinlich für die Touristen und Touristinnen der vielen Kreuzfahrtschiffe, die hier im Sommer tagtäglich anlanden.
Ich frage mich nur, was die Touries denken, wenn sie vor den Hotels oder unter den Brücken am Hafen die vielen Obdachlosen liegen sehen, die hier im Winter reihenweise erfrieren, in unserer reichen Stadt Hamburg.
Findest Du nicht auch, dass die Obdachlosen dann in den Hotels übernachten könnten, die im Winter fast leer stehen?
Nein, das ist nicht mehr unsere südlichen Neustadt, wie sie früher einmal war.
Ich muss jeden Tag Angst haben, dass ich die Miete meiner Wohnung nicht mehr wuppen kann, oder dass sie in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird.
Dann müsste ich raus aus meiner Stadt Hamburg an der Elbe Auen.
Eins noch, gleichwohl empfinde ich es teilweise als sehr angenehm mit besser gestellten Menschen Tür an Tür zu leben. Sie sind nett und im Umgang kultiviert. Findest Du nicht auch?
Vielleicht würden sie uns ja sogar unter die Arme greifen, wenn wir unsere hohen Mieten nicht mehr bezahlen können. Wir sollten uns mit ihnen anfreunden. Was meinst Du?
( © Monika Zelle 21.03.2023 )