Time is money

Der Hauptbahnhof platzt aus allen Nähten.

Die Menschen strömen den Eingängen, den Zügen, durch die Bahnhofshallen den Ausgängen zu. Corona scheint vorbei zu sein. Manche frühstücken bei den Bäckern, oder trinken in der Früh schon Bier oder härtere Sachen. So wie Kurt.

Er nimmt seinen Koffer und geht in Richtung Hauptbahnhof Nord zu den Taxis.

Gerade will er in das erste Taxi steigen, als ihm eine Frau zuvor kommt.

Kurt: „“Ey, das ist mein Taxi, ich war zuerst hier, schleich Di!“

Elsa:“   Sie werden doch einer Dame den Vortritt lassen, oder!“

Kurt:“  Ja, ja im Zeitalter der Emanzipation wollen die Damen immer noch den Vortritt?“,

              Aber sagen Sie mal, kennen wir uns nicht?

Elsa:“   Kennen?, warum sollten wir!  Ich war zuerst da, mein Koffer ist schon im Koffer

              raum.  Stimmts?“ Sie schaut den Taxifahrer erwartungsvoll an. 

Kurt: „ Weißt Du nicht mehr, als wir in der Handelsschule nebeneinander saßen, und die             

              Lehrer mit unserem Gelaber zur Weißglut gebracht haben?“

Elsa:     Ach, sind wir jetzt schon beim Du?“

Kurt:“   Na ja, wir waren immerhin sowas wie……

Elsa:“    Was sowas wie?“

Kurt tritt von einer Stelle auf die andere. Sein Koffer neben ihm schwingt mit.

Elsa:“   Würden Sie bitte losfahren?“ Ich habe keine Zeit mehr. Time is Money.

Schnell schwingt Kurt sich neben Sie ins Taxi. 

Der Taxifahrer fährt los.

Elsa fängt laut an zu lachen. Zu laut.

„ Ihr Koffer gluckst sie!“

Kurt:“ Schei…….halten Sie sofort an, mein Koffer steht noch dahinten.

Elas:“ Sie fahren weiter, und zwar sofort, ich muss in 10 Minute im zoologischen Institut sein.

Kurt:“ zoologischen was?

Elsa:“ Du riechst nach Alkohol, trinkst Du schon am frühen Morgen?

Kurt:“ Weißt Du nicht mehr? Wir haben uns doch schon vor dem Unterricht die Kante 

             gegeben. 

Elsa:“ Duzen Sie mich bitte nicht! Ich hasse Säufer!“

Kurt rückt näher an Elsa ran.

Kurt:“  Wie ist es Dir denn so ergangen in den letzten Jahren.

Elsa:“ Wenn Sie nicht sofort von mir abrücken, zeige ich Sie an, wegen sexueller 

            Belästigung!“

Das Taxi hält. 

Elsa wirft dem Fahrer 20 Euro nach vorne und steigt aus.

Kurt:“ Wohnst Du noch in der Dithmarscher Straße bei Deiner Mutter?“

Elsa nimmt ihren Koffer und rauscht ab ins Institut.

( © Monika Zelle 13.12.2022 )

Steckrüben

Steckrüben

Elena Sukowa saß auf ihrem Sofa. Es ist still um sie geworden.

Die Kaffeemaschine blubberte leise vor sich hin. Sie wartete auf ihren Morgenkaffee, den sie auf dem Balkon zu sich nahm, egal wie kalt oder warm es draußen war.

Seit Tagen wurde es nicht mehr richtig hell. Wann wird sich die Sonne einmal wieder sehen lassen. Ihre geliebte Sonne. Sie dachte an die Ferientage mit Kind, Kegel und Bulli in Südfrankreich. Bis spät in die Nacht saßen sie vor ihrem Zelt, genossen Wein, Gesang und gute Gespräche mit den Nachbarn auf dem Campingplatz.

Sie holte ihren Kaffeebecher, den Kaffee mit reichlich Milch ohne Muh, und setzte sich auf ihren Balkon. Er dampfte köstlich. Sie schlürfte ihn in kleinen Zügen, Genuss pur. 

Dunkle Wolken zogen vorbei. Hoffentlich würde es nicht regnen.

Denn dann könnte es glatt draußen werden. In der Nacht herrschten schon Minusgrade.

Dann müsste sie die Spikes über ihre Stiefel ziehen, was ihr zunehmend schwer viel.

Heute wollte sie sich Brot besorgen. Vielleicht würde es auch einen Tag ohne Brot gehen. Im Krieg gab es monatelang kein Brot, oder Maisbrot und Steckrüben bis zum Abwinken. Die Hungersnöte in Hamburg und all den anderen zerbombten Städten waren groß nach dem 2. Weltkrieg.

Sie dachte an ihre Eltern. Ihre Mutter aß leidenschaftlich gern Steckrüben mit Schweinebauch. Doch ihr Papa sagte immer:“ Steckrüben kommen mir nicht mehr ins Haus, dann werfe ich den Topf aus dem Fenster. 

Sie musste innerlich lächeln, denn fortan aß sie, aus Solidarität zu ihrem Papa, auch keine Steckrüben. Bis heute hat sie so ein Essen nicht angerührt. Allein der Geruch, dachte sie.

Wenn ihr Vater gewerkschaftlich unterwegs war, brachte Tante Charlotte manchmal ein Glas mit Steckrüben und Schweinebauch zu ihrer Mutter, die dann noch tagelang davon schwelgte. Wenn ihr Papa dann nach Hause kam, roch er es natürlich, aber den Topf konnte er nicht mehr aus dem Fenster werfen, weil er ja längst leer gegessen war. 

Ja, ihr Papa und Tante Charlotte, sie waren ja schon ein halbes Jahrhundert tot.

Ihre Mutter hat ihren Papa um 30 Jahre überlebt. Wo war nur die Zeit geblieben. 

Jetzt waren von ihrer Familie nur noch die Kinder und ein einziges Enkelkind übrig.

Ihre Enkeltochter sieht sie auch nur selten. Schule und andere Aktivitäten nehmen das Kind ständig in Beschlag. Ja, ich bin ziemlich einsam, dachte sie.

Der Kaffeebecher war inzwischen leer. Sie erhob sich, und schaute über die Balkonbrüstung. Geranien im Dezember. Auch aus ihren Balkonkästen lugten noch vereinzelt Geranienblüten durch die Adventstanne. 

Die Müllmänner schoben die Ascheimerwagen zum Müllauto, die mit lautem Getöse entleer wurden. 

Weihnachten ist nicht mehr weit.

Sie geht nur wegen ihrer Tochter und ihrer Enkelin dort hin. Für Geschenke wird sich ohnehin meistens nicht bedankt.

Oh, das Telefon klingelt.

„ Oma, können wir Lena und Sarah zusammen spielen?, ich gehe heute nicht in die Schule, weil ich eine Bronchitis habe!“

Im Hintergrund sagt ihr Schwiegersohn etwas zu ihrer Enkelin.

Kein Gruß, kein wie geht es Dir, obwohl die Telefone auf „ Laut „ gestellt sind.

Sie sagt:“ Hallo Igor!“

Keine Antwort. 

( © Monika Zelle 06.12.2022 )

Meine Zwillingsschwester und ich

Selma und Luise

Ich kannte sie schon lange meine beiden Mädels Selma und Luise. aus dem Schwimmverein. 

Etwas mehr verliebt war ich aber in Luise.

Die beiden waren nicht gerade gut auseinander zu halten, sie glichen im wahrsten Sinne des Wortes wie ein Ei dem anderen.

Selma hatte schon etwas längere Zeit ihre Tauchprüfung für den DLRG Schein bestanden. Nun wollte Luise es ihr natürlich gleichtun, um auch eine gute Rettungsschwimmerin zu werden. Sie hatte dabei so ihre Schwierigkeiten.

Die Prüfung bestand unter anderem darin, dass man in einem Judoanzug mehrere Meter tief tauchen musste, um einen kleinen Schwimmring vom Beckengrund zu holen.

Da sich der Anzug in Kürze voll Wasser sog, war das für Luise ein schwieriges Unterfangen. Sie schaffte es einfach nicht.

Dann hatte Selma die zündende Idee. Luise war begeistert. Ich hatte keine Ahnung, was die beiden da wieder ausgeheckten.

Die Prüfungen fanden immer in der Schwimmhalle des Vereins statt, in dem man Mitglied war. 

An einem sonnigen Mittwochnachmittag holte ich meine beiden Mädels mit meinem Fiat 850 ab.

Sie waren bester Laune, und strahlten mich glücklich an, als sie sich in das kleine Auto zwängten.

Im Schwimmbad angekommen zogen beide ihren Judoanzug an, aus Solidarität natürlich. 

Ich gesellte mich zu ihnen an den Beckenrand, auch umgezogen, wollte ich doch meiner Luise gebührlich gratulieren, wenn sie es schaffte.  Wir warteten auf unseren Trainer, der die Prüfung abnehmen sollte.

Gespannt schauten wir auf die Tür seiner Umkleidekabine. Dann kam er leichten Schrittes auf uns zu, wie immer gut durchtrainiert und bester Laune.

„ Na ihr beiden Schönen, Euch kann man ja heute noch schlechter auseinanderhalten als sonst, wie jümmers een Pütt un een Pann! Na, denn wüllt wi mol  Luise!

Luise, trat vor und stieg auf den Startblock. Der Trainer auf den daneben. Ich stand neben Selma und zitterte ein klein wenig. Selma nahm meine Hand in ihre, und sah mich zärtlich an.  Ich war irritiert. 

Dann ertönte die Trillerpfeife des Trainers, und Luise sprang ins Wasser.

Sie tauchte ab. Mit kräftigen Schwimmzügen erreichte sie den Boden des Schwimmbeckens, griff nach dem kleinen roten Schwimmring, tauchte binnen Sekunden wieder auf und hielt ihn strahlend in die Luft. Die Zuschauer klatschen und trampelten mit den Füssen.

Im selben Moment sprang ich mit einem Flachköpper ins Wasser und schloss Luise in meine Arme. Wir küssten uns innig.

Irgendwas war anders. 

( © Monika Zelle 22.11.2022 )

Kamingespräche

Hannah Jacobsen saß in einem gemütlichen Sessel eines dänischen Ferienhauses und schaute in die lodernden Flammen des Feuers im Kamin, das sie selbst entfacht hatte. 

Heute mit Zippanzünder und Anzündhölzern. Früher wurden trockene Tannenzapfen in Zeitungspapier eingewickelt und angezündet, oder Reisig. Aber wer sammelt heute noch Tannenzapfen oder Reisig, denkt Hannah. Ja früher, da war die Welt noch in Ordnung. 

Hannah liebte es, ins Feuer zu schauen, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.

Die züngelnden Flammen tanzten hin und her, die Farben wechselten von weiß zu gelb auf rot. Eine wohlige Wärme breitete sich aus. Ihr Mann lag auf dem Sofa und schlief. Die Fahrt hierher war wohl doch zu anstrengend für ihn, denkt sie. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste. Draußen pfiff der Wind ums Haus. In der Ferne ein Donnergrollen. Sie dachte an zu Hause. War es richtig gewesen, nach Dänemark zu fahren? Weit weg von ihrer Familie? Wo Onkel Putin doch gerade die Ukraine angegriffen hat?

Zu Hause hatte sie einen kleinen Koffer und einen Rucksack mit dem Nötigsten gepackt. 

Obwohl, dachte sie, würde das überhaupt etwas nützen, wenn die Öffentlichkeit schon über einen Atomkrieg nachdachte, über die auch Onkel Putin räsonierte?

Sie hatte Angst vor einem Krieg. Können die nicht mal aufhören mit dem Säbelrasseln.

Schon schlimm genug, dass wieder Krieg in Europa ist. Hannah steht auf und geht in die Küche. Schenkt sich ein Glas Wasser ein.

Sie denkt an ihre Eltern, und an die Bombennächte, die sie in finsteren Kellern verbracht haben. Drei mal sind sie im 2. Weltkrieg ausgebombt. Einen Lastenausgleich gab es nur für die Großgrundbesitzer bei den Flüchtlingen. Und nun, nach über 70 Jahren Frieden, ging der ganze Schlamassel wieder von vorne los. 

Alles Kriegstreiber, murmelte Hannah vor sich hin. Diese ganzen Schmierenkomödianten, Sensationsjournalisten. Jeden Tag berichteten sie einseitig in den Medien über diesen unsäglichen Krieg. Da muss einem ja Angst und Bange werden. Und dann noch Corona.

Dieses verfluchte Virus wird die Welt auch nie wieder verlassen. 

Nein, sie will das alles nicht, schon gar nicht für ihre Kinder und Enkelkinder.

Und nun saß sie hier im fernen Dänemark, und könnte im Ernstfall gar nichts für sie tun, wenn Onkel Putin richtig Ernst machen würde. Naja, meint ihr Schwiegersohn, im Ernstfall sind wir sowieso alle nach ein paar Minuten weg. 

Sie kehrt in ihren gemütlichen Sessel zurück und schaut wieder ins Feuer. Den riesigen Fernseher stellt sie nicht mehr an. Jede Stunde Horrornachrichten nicht nur aus der Ukraine.

Sie denkt an die armen Menschen dort, vor allem an die Kinder. Sie flüchten in Scharen, hauptsächlich nach Deutschland, aber viele auch in die Sowjet Union, oder anderswohin.

Ihre Freundin Solveig schimpft auf die Flüchtlinge. Soll sie doch welche aufnehmen in ihrem großen Reihenhaus, in dem sie mutterseelenallein lebt und immer über ihre Einsamkeit klagt, denkt Hannah. Sie würde das sofort machen, wenn sie genügend Platz in ihrer Wohnung hätte. 

Auch ihr alter Freund Poldi in Oldenburg schimpft auf die Flüchtlinge was das Zeug hält.

Dabei ist er selbst im zweiten Weltkrieg mit seiner Mutter und seinen Geschwistern aus dem heutigen Tschechien nach Deutschland geflüchtet. Hannah versteht das alles nicht, und warum ist sie mit solchen Leuten überhaupt befreundet.

Eigentlich kann ich ja beruhigt sein, denkt sie. Ich sitze hier im hüggeligen Dänemark, gehe jeden Tag am Strand spazieren, schaue auf mein geliebtes Meer, deren Wellen manchmal ruhig vor sich hinplätschern, und manchmal wild schäumen. 

Gestern hat Hannah in einem Waldstück ganz in der Nähe des Ferienhauses sogar Pilze gefunden. Maronen. Die kannte sie noch von früher, wenn sie mit ihrem Vater im Wald Pilze gesammelt hat, und ihre Mutter  dann eine leckere Pilzmalzeit zubereitete. So wie sie das jetzt auch gemacht hat. Nur schade, dass kein Giftiger dabei war, dann hätte das Drama mit Onkel Putin und Corona jetzt ein Ende. 

Das Feuer im Kamin ist fast runtergebrannt. Sie wird jetzt keinen Holzscheit mehr auflegen, sondern endlich ins Bett gehen. Hoffentlich kann ich schlafen denkt sie, und weckt ihren Mann auf dem Sofa.

( © Monika Zelle 15.11.2022 )

Martha Koch

Martha Koch

Martha Koch war seit nunmehr 30 Jahren eine fleißige und zuverlässige Stenographin  bei Gericht.

Meistens stenografierte sie in der Abteilung für sehbehinderte Menschen.

Sie wurde von der jungen Richterin Mertens hoch geschätzt.

Wenn ihre Arbeit in den Verhandlungen beendet war, setzte Martha sich an ihre Schreibmaschine, tippte den stenografierten Text ab, und sortierte ihn zu den Akten.

Da die Menschen, die zu ihr kamen, wie schon erwähnt, sehbehindert waren, hatte sie auch die Aufgabe, sie vorher zu betreuen, das hieß, sie in den Warteraum zu führen, und danach auch in den Gerichtssaal. 

Martha Koch erledigte auch diese Aufgabe sehr umsichtig, zuverlässig und immer freundlich. 

Als sie eines Morgens aufwachte, verspürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem Nacken. Sie konnte ihren Kopf weder nach rechts noch nach links bewegen.

Zu Gericht konnte sie nicht gehen, was ihr im wahrsten Sinnen des Wortes, schwere Kopfschmerzen bereitete. In ihrer gesamten Dienstzeit war sie fast nie krank.

Mühsam schleppte sie sich aus dem Bett zum Telefon, und rief im Büro an.

Noch mühsamer zog sie sich an, und rief ein Taxi.

Ihr Hausarzt überwies Martha zu einem befreundeten Orthopäden, der ein schweres HWS Syndrom diagnostizierte.

Es dauerte ein halbes Jahr, bis sie nach einer OP soweit wieder hergestellt war.

Richterin Mertens rief Martha zu einem Gespräch.

Es täte ihr sehr leid, sagte die Richterin, aber nach so langer Zeit musste sie sich nach einer anderen Stenografin umsehen, und wohl in Zukunft auf ihre Dienste verzichten. 

Martha fiel aus allen Wolken. Man wollte sie also loswerden. Ging das überhaupt?

Verstört setzte sie sich an ihren Schreibtisch und überlegte.

Sollte sie einmal bei ihrem Personalrat anrufen? 

Einige von ihren Sehbehinderten schauten kurz bei ihr rein, und freuten sich, dass sie wieder da war…..

Unverrichteter Dinge verließ sie abends das Gerichtsgebäude, und lief ziellos durch die Straßen.

Nach ein paar Tagen meldete sie sich wieder krank. Sie blieb den ganzen Tag im Bett,

Nur um die Post in ihrem Briefkasten kümmerte sie sich noch.

Eines Tages erhielt Martha das Kündigungsschreiben. 

Mit letzter Kraft ging sie zu der Richterin Mertens und flehte sie weinend an, sie doch weiter zu beschäftigen. Die wollte sich etwas überlegen. 

Wieder wartete Martha tagelang untätig in ihrem Büro. 

Der straffällig gewordene sehbehinderte Reeder Nikolai Kramer sprach sie an, warum sie nicht mehr stenographierte. Martha ging mit ihm in einen Nebenraum.

Der Mann bot ihr an, bei ihm als Büroleiterin zu arbeiten.

Ihr Herz tat einen Freudensprung. 

Martha war selig. Tagelang malte sie sich aus, wie es wohl wäre, nicht mehr in den verstaubten Gerichtsräumen sitzen zu müssen, sondern in den hellen freundlichen Büroräumen des Reeders, mit Blick auf den Hafen, wo sie sich in die weite Welt träumen konnte…….

Doch dann rief die Richterin Martha zu sich und  sagte, sie könne in der Dienststelle und bei ihr zu Hause als Reinigungsfachkraft arbeiten………..

( © Monika Zelle 08.11.2022 )

Schnee

Schnee

Sobald die ersten Schneeflocken fallen, macht mein Herz vor Freude einen Sprung.

Und, ich kann ihn vorher riechen den Schnee.

„ Heute Abend gibt es Schnee“, sagte ich dann zu meinen Kindern. 

„ Wir können noch einen Schneemann bauen!“

Die Kinder jubelten.

Denn sie wussten, wenn Mama sagte es gibt Schnee, dann konnten sie sich darauf verlassen.

Und tatsächlich, einige Stunden später schneite es in dicken Flocken vom Himmel, und wir stürmten hinaus auf die Michelwiese, um einen großen dicken Schneemann, mit Kohlenstückchen als Augen und einer Wurzel als Nase zu bauen.

Am nächsten Tag wurde dann selbstverständlich der Schlitten aus dem Keller geholt, um am Bismarck rodeln zu gehen.

Auch heute noch kann ich den Schnee vorher riechen. Frei nach meinem Lieblingsfilm

„ Miss Smillas Gespür für Schnee“. 

Wenn es dann schneit, macht mein Herz wie früher vor Freude einen Sprung, ich stürme hinaus, und genieße das Knirschen unter meinen Steifelsohlen.

Natürlich forme ich auch einen Schneeball, und werfe ihn dann gegen ein Auto oder ein Straßenschild. 

Berühren die Flocken dann mein Gesicht, bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt.

( © Monika Zelle 30.10.2022 )

Regentage

Sie liebt Regentage, dann kann sie ihrer Melancholie nachhängen.

Ihre Traurigkeit pflegen, ihren Depressionen freien Lauf lassen.

Der Regen weint, sie weint.

Ihr Weinen hat somit eine Daseinsberechtigung.

Sie kann sich fallen lassen.

Einkuscheln in ihre warme weiche Wolldecke. 

Doch dann wendet sich das Blatt.

Sie will ihn spüren, ihren Regen.

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung, sagte ihre Mutter früher.

Also zieht sie ihre Regenjacke, ihre Regenhose und Gummistiefel an. 

Bloß keinen Regenschirm. Das ist was für Touristen, wie die Hamburger sagen.

Sie stürmt hinaus.

Regen peitsch ihr ins Gesicht.

Treibt ihr die Tränen in die Augen.

Keine Menschenseele auf der Straße, so kann sie ihrer Einsamkeit frönen.

Unaufhörlich stürzt das Regenwasser wie ein reißender Fluss die Straße hinunter, um von den Sielen verschluckt zu werden. 

Regen auf ihrer Haut.

Völlig durchnässt entflieht sie ihm.

Wieder in ihre warme Stube.

Eine heiße Regendusche erhellt ihr schweres Gemüt.

Der Tränenfluss hört auf. 

Sie ist erleichtert, ihr Regen hat sie für heute gerettet.

( © Monika Zelle 25.10.2022 )

Es ist wieder so weit.

Overwerder wir kommen.

Mit einer Gruppe Unerschrockener des Schwimmvereins Vorwärts geht es in die Vier-und Marschlande. Mit dem Bus natürlich. Ein Auto besitzt in den 1950iger Jahren noch fast niemand. 

Alle reden durcheinander.

Overwerder, eine kleine Gartenhaussiedlung an der Elbe. Einige Mitglieder haben hier ein Gartenhäuschen. 

Wir versammeln uns im Vereinshaus, und ziehen unsere Badeanzüge oder Badehosen an..

Außentemperatur höchstens 8°.

Erfahrungsgemäß ist das Wasser aber immer etwas wärmer.

Zitternd und frierend laufen wir die 50 Meter bis zum Wasser.

Und jetzt nichts wie rein.

Hustend und prustend schwimmen wir uns warm.

Das Wasser hat höchstens 12°.

Aber wir halten durch. 

Je länger wir aushalten, desto schneller gewöhnen wir uns an die Kälte. 

Am schönsten ist das Gefühl, aus dem Wasser herauszukommen, die Kleidung anzuziehen, und vor dem Kaminfeuer des Vereinshauses Erbsensuppe zu essen. 

Der ganze Körper kribbelt und ist wunderbar durchblutet. 

Alle Jahre wieder, das Anbaden im April.

(© Monika Zelle 26.10.2022 )