Bahnhof Holm-Seppensen

Bahnhof Holm-Seppensen

Ruhig liegt er da, der Bahnhof, wie vor 70 Jahren. Die Bank für die Fahrgäste wurde inzwischen wohl erneuert. Die Heidebahn auch schon 40 Jahre alt, ein Oldtimer.

Hier auf der Bank habe ich oft mit meiner Tante Gertrud gesessen, wenn wir auf den Triebwagen nach Hamburg warteten.

Im Kolonialwarenladen Lorenz haben wir uns warme Brötchen, Butter und Leberwurst gekauft, ein Kartoffelschälmesser hatte Tante Gertrud immer dabei“, sagte Lina Carstensen zu ihren Freundinnen Margrit und Ingrid.

„ Aber das ist es eigentlich gar nicht, was ich Euch erzählen wollte! Aber lasst uns erst Mal zum Land wandern.

Zuerst liefen sie den Meyerschen Weg hinunter. 

„ Hier standen früher nur wenige kleine Wochenendhäuschen, die Straße war nicht asphaltiert, eine Bushaltestelle oder eine Ampel gab es schon gar nicht!“, sagte Lina Carstensen.

Dann erreichten sie die Anhöhe nach einer Weggabelung.

„ Lasst uns hier eine kleine Trinkpause machen, wir haben noch zwei Kilometer vor uns.“, meinte Margrit, als sie auf die Karten App ihres Smart Phones schaute.

Sie setzten sich ins Zittergrass, und schauten in die Wipfel der hohen Kiefern, die sich leicht im Wind bogen.

Lina Carstensen legte sich auf den weichen Waldboden und blinzelte in die Sonne.

Sie lag wieder auf ihrem Land im Zittergrass. Neben ihr saß ihr Papa, und bastelte an einem Flugzeug aus Holz. Eine große Ruhe breitete sich in ihr aus. Die Wärme der Sonne durchströmte ihren Körper.

„ Lina, komm wir wollen endlich weiter gehen!“, riefen die Freundinnen.

Der Weg, von Baumwurzeln übersät, schlängelte sich durch den Wald, und wollte nicht enden.

„ Hier sind meine Cousine und ich auf unseren Fahrrädern ins Dorf runtergesaust zum Einkaufen. Wir kannten jede Baumwurzel, die es zu umfahren galt.“

Plötzlich sahen die Drei auf dem Weg große Suhlen.

„ Hier können Wildschweine unterwegs sein!“, meinte Ingrid.

„ Wolfsrudel sind hier auch angekommen“, sagte Lina Carstensen, „die gab es hier früher nicht!“

Mit großen dicken Stöckern bewaffnet, gingen sie weiter auf dem Weg bis zur Kurve, wo endlich das erste Haus der Siedlung am Pferdekopf auftauchte. 

Das Land lag dunkel, völlig verwildert, von der Natur zurück erobert, da.

Die Hütten verfallen, von Tieren bewohnt.

Lina Carstensen weinte.

„ Lass uns schnell weiter wandern, ich ertrage es hier nicht. Mehr als ein halbes Jahrhundert meines Lebens habe ich hier verbracht!“

Schnell setzten sie ihren Weg fort zum Büsenbachtal,  begleitet von dem betörenden Duft der blühenden Heide. Rauf auf den Katzenberg, wieder eine kleine Rast auf der Bank, in der immer noch der Name einiger Verehrer Lina Carstensens umrahmt von Herzen eingeritzt waren. 

„ Wenn wir hier den Berg hinunterlaufen, gelangen wir an den Ort, dessen Geschichte ich Euch erzählen will…….

Laut schreiend liefen sie den Katzenberg hinunter, um ihre Neugier zu stillen.

Sie kamen an ein großes verkohltes Jägerzauntor auf dem stand:

„ Ick leev wat fien is

  wenn`t ok nich mien is

  wenn`t ok nich mien warn kann

heff ick doch mien Freid doran.“

Und jetzt begann Lina Carstensen zu erzählen.

Hier ist vor 50 Jahren ein Kindererholungsheim abgebrannt. Mein Vater ist mit mir auf dem Fahrrad hinunter ins Dorf gesaust, um die Feuerwehr zu holen, die aber viel zu spät kam, um es zu löschen. 

Mein Bruder, dem das Heideland gehörte, ließ sich hier nie blicken. Er lebte mit seiner Familie weit weg in der Göhrde, und bekam von alldem nichts mit.

Mein Vater starb viel zu früh. Er konnte zu Lebzeiten nicht dafür sorgen, dass mir mein Erbanteil überschrieben wurde. Meine Mutter gab sich in dieser Hinsicht  keine Mühe, ihrem Kronensohn ins Gewissen zu reden. 

So bleibt mir nur noch die Erinnerung an eine wunderbare Kindheit, Jugend, und eine gute Zeit mit meiner Familie………  

( © Monika Zelle 12.04.2022 )

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.