Home Office
Ich werde diesen Tag nie vergessen. Es ist der 14. März 2020 als ich mich unter Tränen für viele Wochen von meiner Enkelin verabschieden muss, und sie bis heute, wir schreiben den 15. Juni 2021 nicht in die Arme nehmen darf.
Ein Virus breitet sich rasend schnell über die ganze Welt aus. Corona Virus genannt.
Die Menschen müssen von heute auf morgen zu Hause bleiben. Viele haben das Privileg im Home Office zu arbeiten, also ihr Büro nach Hause zu verlegen.
So auch meine Tochter. Mein Schwiegersohn arbeitet schon seit vielen Jahren im Home Office, also auch privilegiert. Nicht so die Familien mit vielen Kindern in sehr beengten Wohnverhältnissen.
Auch die Kinder dürfen von heute auf morgen nicht mehr in die Schule gehen, müssen also zu Hause im sogenannten Home Schooling betreut werden, was für manche Eltern eine große Herausforderung bedeutet. Nicht alle sind mit Computern oder Laptops ausgestattet, und so werden die Kinder erst einmal mit Lehrmaterial in Papierform ausgestattet.
Die Großeltern dürfen ihre Enkelkinder nicht betreuen, weil die Ansteckungsgefahr zu groß ist. Eine Katastrophe.
Mein Sohn als Lehrer hat die Aufgabe, seine Schülerinnen und Schüler über Zoom von zu Hause zu unterrichten, und das wochenlang.
Viele Schüler sind desillusioniert, haben kein Bock. Die Verzweiflung aller Menschen in dieser Situation ist groß, aber vor allem die der Kinder, auch der kleinen Kinder, die von den Eltern neben ihrer Arbeit zu Hause den ganzen Tag betreut und beschäftigt werden müssen. Sie stoßen im wahrsten Sinne des Wortes an ihre Grenzen.
Gewalttaten in Familien nehmen zu.
Nach vielen Wochen des Eingesperrt seins, entschärft sich die Lage etwas.
Die Außentemperaturen steigen, die Corona Zahlen sinken.
Eine Gruppe von Kindern darf abwechselnd in die Schule in den Präsensunterricht, oder in die Betreuung in die Kita. So auch meine Enkelin, sie darf zwei oder drei mal die Woche in die Schule und ist glücklich.
Für meinen Sohn ein Spagat, der jetzt zeitweise von zu Hause und in der Schule unterrichtet. Zudem muss er sich als Medienbeauftragter um die digitale Ausstattung seiner Schule kümmern. Die Bezuschussung von staatlicher Seite reicht hinten und vorne nicht.
Und wir Eltern, schon lange in Rente, sitzen zu Hause, eingesperrt, und können unsere Kinder nicht sehen, und nicht unterstützen, dürfen uns nur mit einer Person aus einem anderen Haushalt treffen.
Einige von uns haben aber dennoch die gute Möglichkeit, ihre Kinder und Enkel über Skype und Zoom zu sehen, oder gar zu unterrichten. So wie meine Schreibwerkstattfreundin Heike, die ihren Enkel seit Ausbruch Corona von zu Hause über Skype unterrichtet, bestimmt auch manchmal nicht einfach.
Auch wir Schreiberlinge in der Schreibwerkstatt sind sozusagen dem Home Office verschrieben.
Wir treffen uns schon seit Beginn dieser gruseligen Pandemie jeden Montag auf Skype, lesen unsere von uns thematisierten Geschichten vor, schreiben die 6-Minuten-Geschichte mit dem von uns ausgewählten Stichwort. Es geht also weiter.
Im Herbst sinken die Außentemperaturen wieder, die Inzidenzen steigen, damit auch die Erkrankungen.
Die ganze Schose geht von vorn los. Und das geht so seit 15 Monaten.
Ausnahmezustand.
In den Wintermonaten leitet unser Herr Platz wieder den Schreibwerkstattkurs.
Eine gute Zeit für uns. Wieder haben wir viel gelernt.
Ich habe während dieser Zeit unsere Schreibwerkstattfreundin Marion betreut, weil sie nicht digital vernetzt ist. Eine große Bereicherung für mich, mit Marion zu kommunizieren.
Und Jetzt ist wieder Sommer, die Temperaturen steigen, die Inzidenzen sinken stetig.
Allmählich öffnen Geschäfte und Restaurants.
Das Leben erwacht. Fluch oder Segen?
Gestern haben wir Schreiberlinge uns das erste Mal in einem Cafe getroffen. Die Wiedersehensfreude ist groß.
Einige von uns sind sogar schon vollständig geimpft.
Der Zahn der Zeit hat an uns genagt, wie ich finde. Eine sichtbare Veränderung.
Geht es jetzt voran?
Ich hoffe nur, dass viele Menschen im Home Office bleiben können, der Umwelt zu liebe, und nicht jeden Tag hunderte von Kilometer in ihr Büro fahren müssen, obwohl die Pendlerpauschale erhöht werden soll. Ein Widerspruch in sich.
Das Klimawandelgetöse können die Politiker dann auch für sich behalten.
( © Monika Zelle 15.06.2021 )