Kein Sonntagsspaziergang
Ich mach mich auf den Weg.
Einfach so.
Auf den Jakobsweg.
Corona hin oder her.
Es muss sein….
Die Stunde des Aufbruchs, sie ist gekommen.
Mit dem Zug nach Paris.
Pulsierende Stadt an der Seine.
Dreh und Angelpunkt Frankreichs.
Weiter nach Lyon.
Auch per Zug.
Die Provence fest im Blick.
Duftende Lavendelfelder begleiten mich.
Nichts tut mehr weh….
Die lauen Lüfte umfangen mich leicht.
Jetzt beginnt mein Jakobsweg per Pedes.
Allein.
Keine Menschenseele unterwegs.
Danke Corona.
Auf den Spuren Van Goghs.
Arles.
Eines Tages schnitt er sich ein Ohr ab. Welch Verzweiflung wohnte ihm wohl inne….
Cafe Nuit.
Köstlichkeit Espressi.
Duft der großen weiten Welt.
Mein Weg ist das Ziel.
Weiter geht’s.
Richtung Montpellier.
Kleiner Abstecher über Aix en Provence mit seinen herrlichen Platanenalleen nach Marseille.
Muss sein.
Magische Orte.
Höhenrausch unter Pinien.
Eine Baumbar bei Marseille liegt so schön, dass ich darüber fast vergesse, was für ein besonderer Pastis dort serviert wird.
Auf über Perpignan nach Spanien über das gebirgige Andorra.
Eine Kraftanstrengung.
Die Zeit läuft mir nicht davon bei Corona.
Ansteckungsgefahr gleich Null.
Ich bin für mich.
Kann meinen Gedanken nachhängen.
Die Einsamkeit und grenzenlose Schönheit der Natur genießen.
Die Berge geschafft.
Weiter nach Bilbao.
Entlang der felsigen Küste der Biskaya.
Überall stinkende Müllhalden an den Hängen der Steilküsten.
Bis La Corunia.
Das Bad im Atlantik.
Eiskaltes Wasser wie im Bergsee.
Kein Genuss.
Nun ist es nicht mehr so weit zur Kathedrale von Santiago de Compostela.
Ich betrete ehrfürchtig das Kirchenschiff.
Der Hochaltar ist von einem vergoldeten Baldachin überfangen.
Im Zentrum des Retabels befindet sich eine lebensgroße, sitzende Figur des heiligen Jakobus. Sein Schulterumhang ist mit mehreren Jakobsmuscheln verziert.
Meine Danksagung:
„ Danke lieber Freund und Bruder Jakobus, dass du mir geholfen hast, hier anzukommen. Danke für Deine Person, für deine Begleitung, für Dein Zeugnis, für dein Vermächtnis.
Zu Hohen Feiertagen wird der berühmte Botafumeiro durch das Querschiff geschwenkt.
Ein Weihrauchfass.
Von 8 Männern in Bewegung gesetzt.
Der Bufameiro dient dazu, den Geruch der Pilger zu neutralisieren.
Ich konnte die Flüsse und Quellen unterwegs nutzen, um meinen Körper zu reinigen.
Seife war immer dabei.
Ich fühle mich erleichtert und bestätigt, diesen schweren Weg auf mich genommen zu haben.
Kein Sonntagsspaziergang.
Sonntaggeträumt.
( © Monika Zelle 22.05.2020 )